Inhalt der Printausgabe
August 2005
Humorkritik (Seite 9 von 9) |
Diskreter Wanninger |
Seltsamerweise bin ich in letzter Zeit beim Zappen gelegentlich bei einem Sender hängengeblieben, der mich eigentlich selten zum Verweilen verführt: Aber wenn im Bayerischen Fernsehen eine Folge der "Seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger" läuft, kommt das mitunter vor. Denn seltsam sind nicht nur die Ermittlungspraktiken des Münchner Inspektors, seltsam ist auch die diskrete Komik dieser Serie, die in den Sechzigern als "Wanninger" im sogenannten Werbefernsehen der ARD zu laufen beliebte. Während das seinerzeit intendierte Humorige, vor allem in Gestalt des tumben, ewig notgeilen Assistenten Fröschl (Maxl Graf) und des genrenotorisch grundignoranten Chefs sowie diverser lustig gemeinter Nebenfiguren daherkommend, inzwischen wegen seiner grauslichen Plattheit einfach nur nervt, ist es der holzschnittartige Gesamteindruck, der mich entzückt. Weil das Werbefernsehen dem Wanninger nur 25 Minuten zur Lösung seiner Fälle gewährte, mußte alles recht flott gehen: Wanninger erfährt eingangs durch seinen Chef, daß, zum Exempel, einer Filmdiva ein Kollier geklaut wurde, begibt sich samt seiner speckigen Aktentasche ins betreffende Täter/Opfer-Umfeld, hört sich a weng um und verkündet alsbald beim Showdown dem staunenden Publikum die fürwahr seltsame Lösung des kurrenten Falles. Dieses laienspielhafte Kasperltheater wird freilich massiv gepuscht durch den grobschlächtig chargierenden Hauptmimen Beppo Brehm, der, kontrastierend zu seinem originell alliterierenden Namen, überzeugend das bajuwarische Normalmaß verkörpert: ein "ganz einfacher Mensch", d.h. ein bayerischer Deutscher, dem die gesprochene Sprache nur widerwillig und durchsetzt mit viel "Host mi?" und "Jo mei" über die breiten Lippen kommt. Seine Rede und Seele sind voll stammtischkompatibler Ignoranz gegenüber Kunst, Geist und urbanen Menschen, die meist die Bösen sind - was man bereits daran erkennt, daß sie das Hochdeutsche flüssig anwenden. Und auf einmal schwenkt das Komische ins Gruslige, weil hinter der Maske des bärbeißig-grantigen Bayern-Beppo das Antlitz des lauernden deutschen Spießers kenntlich wird. Dann bin ich doch froh, daß die 25 Minuten schon wieder rum sind. Humor ist, wenn ich trotzdem wieder reinzappe. |
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