Inhalt der Printausgabe
August 2005
Humorkritik (Seite 3 von 9) |
Wimmers Umrisse |
Der Münchner Stefan Wimmer ist Mitte dreißig, war Journalist in Mexiko und hat für die Süddeutsche Zeitung genauso geschrieben wie für den Playboy und die Junge Welt. Im Maas-Verlag ist ein Buch mit, wie Wimmer es sicher nennen würde, Stories erschienen: "Die 120 Tage von Tulúm" - und ausnahmsweise bin ich mit meinem Lateinamerikanisch mal am Ende. Denn daß das alles mit Hunter S. Thompson, Bukowski und, vor allem, Jörg Fauser zu tun hat, ist noch klar; daß es von diesen Vorbildern ca. die Strecke München-Mexiko entfernt ist, auch; und wie aber dann solche Urteile zusammenkommen, schon viel weniger: "hochkomisch" (Tagesspiegel), "entzückend" (Rolling Stone), "todlustig" (taz), "irre komisch, elegant geschrieben, eines der erfrischendsten, lustigsten und besten Erzähldebüts der letzten Jahre" (das Internetfeuilleton satt.org) - - einer kann sich ja irren, und einmal kann sich jeder irren, aber warum die lahmsten Klischees ("Es dauerte eine Weile, bis sich meine Augen an das Schummerlicht gewöhnt hatten"), die ungelenksten Sätze ("Danach packte ich einen Schwamm und wusch mein drekkiges Geschirr mit ebenso vielen Händen wie die Göttin Kali sauber und bezog das Bett neu"), die hilflosesten Beobachtungen ("Die Umrisse ihrer Vagina wölbten den Overall und schienen fast mitzuflüstern"), die simpelsten Scherze ("Ich hatte zehn Stunden lang das Pinkeln unterdrückt … Für diese Leistung hätte ich mit dem Gelben Trikot belohnt werden müssen") wie überhaupt der ganze olle stadtromantische Desperadozusammenhang auch noch für elegant und lustig, wo nicht vorbildhaft gelten: nein, das verstehe ich nicht. Erklärt's mir mal wer? |
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