Inhalt der Printausgabe
Dezember 2002
Wie Siegfried Unseld einmal zu Grabe getragen wurde (Seite 7 von 9) |
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hatte - war es auch schon vorbei. Vorbei? Von wegen, jetzt ging es erst los! Bescheiden, wie es gut erzogene Ossi-Art ist, zog sich der Durs zurück ins Glied, während unter den Besserwessis und Besserschreibis eine kleine Rangelei entstand. Die Bürgermeisterin und der Kanzler passierten nun das Grab und verteilten warme Händedrücke an die Trauernden. Klar, die beiden mußte man vorlassen, die müssen ja gleich wieder weg. Aber just als sich der hochragende Leib des Hilmar Hoffmann an seinen vielleicht vorletzten Gang machen wollte, brach Kluge, dieser kleine und gewitzte Alexander Kluge, aus seiner Weißhaargruppe aus, zog elegant an Hoffmann vorbei und schoß unhaltbar aufs Grab zu. Enzensberger konnte es nicht fassen, Hoffmann hatte es noch gar nicht erfaßt. Klar, daß er nun auch von Enzensberger umspielt wurde, dann erst ging der Alte dazwischen, um wenigstens noch vor Sloterdijk an der letzten Ruhestätte deutscher Schriftkultur seine Aufwartung zu machen. Fast erloschen tippelte alsdann Reich-Ranicki heran, er rang noch immer um Fassung, weil man ihn nicht hatte sprechen lassen. Dabei hatte er den ganzen Laden hier doch selbst mit aufgebaut! Hatte er sich nicht schon rühzeitig und oft genug auch ganzseitig für Ulla Berkéwicz stark gemacht? Halt, Moment, nein - das war ja Ulla Hahn gewesen, die er hochgeschrieben hatte. Aber egal, auf jeden Fall hatte er das Ullatum gefördert, und man dankte es ihm nicht. Im Gegenteil, man verlegte sogar Schundromane bei Suhrkamp, Romane, die ihm, dem Kritiker, den Tod wünschten. |
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