Inhalt der Printausgabe
Dezember 2002
Wie Siegfried Unseld einmal zu Grabe getragen wurde (Seite 5 von 9) |
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Was konnten sie schon wissen? Was verstand der gellackierte Unhold, der mich nun mit der Schulter wegzurempeln versuchte, schon von großer Literatur? Hatte er jemals ein Buch, ein einziges gutes Buch in seiner Schlagringpranke gehabt? Jemals in der "Dialektik der Goldhamsterzucht" geblättert, in den "Gedanken im Stau vor der holländischen Grenze"? War ihm "Besoffen mit Andi und Votze vorm Kaufhof" ein Begriff? Oder "Die blutverschmierte Klingel von Bilsenmanns im 1. Stock"? Kannte er "Rucksack vergessen im Zug"? "Singende Sägen", diese burleske Tragödie aus Neutönerkreisen? Kannte er natürlich nicht, der Ignorant. Kein Wunder, all diese herrlichen Bücher waren nie gedruckt worden! Die Suhrkamp-Kultur war dagegen! Sooft ich die Manuskripte auch eingesandt hatte, postwendend kamen sie wieder zurück. Immer mit Formschreiben. Standardabsage. Vielen Dank und viel Glück! Nicht mal Geld hatten diese Geizknochen beigelegt. Dabei wußte ich genau, daß Unseld dem völlig "schreibblockierten" Uwe Johnson über Jahre hinweg Millionen von Mark zum Schnapskaufen zugeschustert hat. Daß er einem Versager wie Wolfgang Koeppen die Kohle hinten und vorne reingeschoben hat. Das hieß dann "Autoren verlegen - und keine Bücher"! Das alles kochte wieder in mir hoch, diese endlosen, diese grundlosen Erniedrigungen und Beleidigungen. |
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