Inhalt der Printausgabe

Dezember 2002


 
Totentanz der Besserschreibis
Wie Siegfried Unseld einmal zu Grabe getragen wurde

(Seite 3 von 9)



Nun gab der Schweizer an, wie er mit Unseld mal in Sils-Maria gewesen war und sich "zusammen mit anderen Autoren mit Günter Eich" beschäftigt hatte - früher hieß das Skifahren oder Hüttenzauber. Dann kam er auf Hesse zu sprechen. Hesse. Ja, Hesse. Hesse, Hesse, Hesse bis der Arzt kommt, Hesse und überhaupt. Es war zum Davonlaufen, aber ich stand es durch. Die beiden Juden im Inneren auch, so lange, bis Adolf endlich ausgemuschgd war und sie an der Reihe.
Beide sprachen dann getrennt voneinander artig ihren Dank aus, der Nobelpreisträger und der Israeli, von "Versöhnung" etc. war die Rede, von Menschlichkeit, das übliche Zeug eben, die erprobten Standardfloskeln, wie immer, wenn es um Deutschland, Hitler, Israel und den wiedererstandenen kritisch-theoretischen Humanismus in schwerer Zeit ging, um gelebte und gedruckte Suhrkamp-Kultur von 1959 - 2002.
Auffiel vor allem, daß Reich-Ranicki nicht zu Wort kam. Obwohl er doch da war! Denn jetzt öffneten sich die Tore, Trauermarschmusik von Purcell quäkte über die Anlage, der Trauerzug preschte ins Freie, und schon ging es los. Im Vorfeld der Veranstaltung soll ja kräftig gemobbt worden sein: wer wo an welcher Position im Trauerzug ging, mit wem zusammen und wohin.
Obwohl - wohin war ja klar. Zum ausgehobenen Ehrenbürgergrab in unverbaubarer Traumlage. Dem Sarge folgte die schwarze Witwe: Ulla Berkéwicz, die neue Yoko Ono der deutschen Schriftkultur. Weiß geschminkt, schwarz frisiert, ein bewegender Anblick. Zwischen sich und ihren gleichalten Schwiegersohn Joachim Unseld hatte sie ihre Familie gedrückt. Sie zogen an mir vorbei, das Winken vergaß ich vor lauter Ergriffenheit.
 


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg