Inhalt der Printausgabe

November 2001


Wir sind ein New Yorker
oder: Solidarität lebt vom MItmachen
(Seite 1 von 7)

"Das deutsche Volk steht in dieser schweren Stunde an der Seite Amerikas"
Gerhard Schröder, 11. September 2001

Die Welt unter Schock: Männer weinen, Frauen putzen, Kinder gehen brav in die Schule. Nach dem Anschlag auf das World Trade Center ist nichts mehr, wie es früher war: Niemand macht mehr (gute) Witze über George W. Bush, die afghanischen Taliban haben ihren weltweiten Sympathiebonus fast verspielt, und sogar Cherno Jobatey kommt ab und zu nüchtern zur Arbeit. Chaos pur! Was die freie Welt jetzt braucht, sind nicht nur Freibier und Ferien, sondern vor allem Solidarität ("solidarity"). Deshalb nimmt TITAN.Y.C, das Magazin für Solidarpakte aller Art, Helmut Kohl beim Wort: "Die Amerikaner müssen jetzt spüren, daß wir bei ihnen sind." Und damit unsere amerikanischen Freunde spüren, daß wir Frankfurter nicht weniger solidarisch sind als Wiener, Krakauer oder Polen, ordnet TITANIC-Präsident Martin W. Sunburn an einem prächtigen Frühherbstdonnerstag eine Kundgebung auf dem Frankfurter Römer an: "Wir müssen die Grenzen der Satire mal wieder weit überschreiten." Nämlich Richtung Amerika. Und alle machen mit!

USA


Damit auch wirklich alle mitmachen können, die die Bedrohung der westlichen Zivilisation durch ungewaschene Kopfwindelträger nicht mehr hinnehmen wollen, hat Redaktionsmullah Thomas al-Hintner eine überhintnergroße Fototapete mit dem frisch angezündeten World Trade Center anfertigen lassen, die richtig schön nach Ansichtspostkarte aussieht, USA-Katastrophenkorrespondent Westphalen hat ein Paket mit original Soli-T-Shirts ("God Bless America", "WTC - I Can't Believe I Got Out!") geschickt, und Graphik-Zampano Rürup ist bis kurz vor Aufbruch damit beschäftigt, T-Shirts mit Durchhalteparolen zu bedrucken und Pappschilder mit Aufmunterungsslogans zu bemalen: "We Love You, USA", "We Are All Americans", "Scheiß Taliban Nazis!". Auf unserem Tapeziertisch werden wir gleich ein Star Spangled Banner auslegen, die fast schon übliche Aufklärungslektüre ("Der große Terror - Sowjetunion 1934-1938", einen jetzt leider nicht mehr ganz aktuellen Bildband "New York", "Godzilla - Alles über den König der Monster"), eine schöne Flasche Billigstbourbon der Exklusivmarke "Sheffer Fort" und zwei Dosen englische Hot-Dog-Würstchen; außerdem natürlich einen Stapel der gefürchteten TITANIC-Fragebögen, die in gewohnter Pointierung Fragen stellen, die keine Antworten offenlassen: "Kennen Sie einen Schläfer?", "Ich habe nichts gegen Araber, aber...", "Welche Lieder gehören ganz zu Recht im Radio verboten: a) ›It's Raining Men‹, b) ›Flugzeuge im Bauch‹, c) ›Bombing Down the House‹, d) ›Kill, Kill All, Make All Dead‹". Schnell noch die Solikappe aufgesetzt ("God Bless America"), und schon setzen sich Wut, Trauer, Zorn, Ohnmacht, Entsetzen und Empörung alias Gärtner, Nagel, Hintner, Rürup, Sonneborn, Tietze und Betroffenheitspraktikant Folckers sowie die Damen Eilert und Glockenhell in Bewegung resp. in die U-Bahn.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg