Inhalt der Printausgabe

November 2001


Wir sind ein New Yorker
oder: Solidarität lebt vom MItmachen
(Seite 5 von 7)

Während die Fragebögen nur verhaltenen Absatz finden, herrscht vor der Fotowand geradezu Gedrängel: Der deutschen Sprache unkundige Touristen sind vom Nutzen der Aktion meist sofort überzeugt und greifen am liebsten zu Schildern mit Aufschriften wie "We Are All Americans", "You're Not Alone, Onkel Sam" oder "We Love You, U.S.A.", überraschend populär sind auch die feineren "Erwachet!", "Ich grüße Fotzenfritz" und "Mir doch egal"; nur der Japs weiß sein Ressentiment mal wieder nicht zu zügeln: "Tschi ni wa hau ›Fo Tsen Fritz‹?" fragen zwei Japanerinnen schnippisch und kriegen mit Recht eine möglichst unverschämte Antwort. Einwandfrei solidarisch dagegen die Auswahl der Inländer: "Head Up, Mr. Pr.", "Together We Stand, Together We Fall" oder "Live Goes On". Beinah genauso beliebt: "Bored In The USA", "Ich mache alles mit", "H(a)ut ab, Taliban!", "Rot-Grün - was muß noch passieren?" oder "Kein Geld, keine Wohnung, bitte um kleine Spende". Der Umstand, daß der Deutsche heutzutage als solcher gar nicht immer zweifelsfrei zu identifizieren ist, führt beinahe zum Abbruch des Unternehmens: Die TITANIC-Auslandsexpertin Anna Glockenhell versorgt einen typisch ägyptischen Baseballkappenträger mit dem "Mir doch egal"-Slogan - woraufhin Rürup und Sonneborn zu Adressaten einer in flüssigem muttersprachlichen Deutsch vorgetragenen Gardinenpredigt werden: "Wer sind Sie? Was? TITANIC? Ich will eine Visitenkarte!

USA


Ich will wissen, wohin mein Anwalt schreiben soll! Leute verarschen, die nichts dafür können! Ich kann dich auch mal ein bißchen verarschen! Einen Scheißjob habt ihr! Ich will den Film haben! Rück die Kamera raus! Ich will eure Namen! Ihr habt in meine persönliche Freiheit eingegriffen! Daher kommt der Haß!" Unser Haß ist allerdings nicht groß genug, daß er für eine Prügelei reichte: Um Tätlichkeiten zu vermeiden, verspricht der ewig konziliante Deeskalationsexperte Rürup dem Rüpel die Negative - natürlich erst, wenn wir sie gefunden haben, was bei einer Digitalkamera durchaus dauern kann. Wir bauen ab.

Ein Fazit ist schnell gezogen: Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker (Manfred Wörner), und wer sich nicht wehrt, ist selber schuld, wenn ihn der Taliban zu einem schönen Knüppeldöner einlädt. Wir, die Bürger der freien Welt, sind entschlossen, Seite an Seite mit unseren amerikanischen Freunden zusammenzustehen gegen Terror and so: Macht alle mit! Malt Schilder! Macht Fotos! Sagt "cheese"! Denn ohne Solidarität geht es nun mal nicht - auch wenn Dialektik Trumpf ist: "I've seen a t-shirt", bringt es ein Sakkoträger auf den (englischen) Punkt, "which shows, you know, Bin Laden fucking Bush from behind. - But in reality it's the other way round... I don't know." Er schüttelt den Kopf. "There are so many messages today... Thanks for listening." Dito.

Gärtner/Nagel


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt