Inhalt der Printausgabe

Dezember 2001


Tätää, Tätää, Tätää
TITANIC-Telefon-Terror
(Seite 6 von 11)


Juppi Bürgermeister
"Am liebsten auf meine Kosten!"


Juppi ...ich bin ja Oberbürgermeister, und da nehm ich einmal im Jahr mich selbst auf die Schippe!
TITANIC (ungläubig) Das heißt, Sie machen sich über sich selbst lustig?
Juppi Ja, ich nehm mich auf die Schippe, und hab natürlich da auch einen guten Einstieg, um ein paar andere Zeitgenossen mal hintenrum auf die Schippe zu nehmen.
TITANIC Den amerikanischen Präsidenten? Oder Bundeskanzler?
Juppi Nee, die nit, ich bleib immer innerstädtisch! Bei uns brauchen Sie sich keine Sorgen machen, weil wir hier einen Karneval pflegen, der wirklich sich selbst hier vom Sockel holt, wenn man öffentlich tätig ist.
TITANIC Können Sie mir vielleicht mal ein Stichwort sagen?
Juppi Die Feuerwehr!
TITANIC (kritisch) Die Feuerwehr? Wegen der Vorkommnisse in New York etwa?
Juppi Nix New York, hier unsere Feuerwehr, da gibt es nur Indianer und keine Häuptlinge, äh, also keine Indianer, aber nur Indianer und keine Häuptlinge!
TITANIC Also doch Ausländer!
Juppi Ausländer? Wollen Sie mich vergackeiern?
TITANIC Nein, ich habe gerade mit den Herren Tünnes & Scheel gesprochen, und die hatten auch so einen Indianer-Witz mit Winnetou Katschmarek.
Juppi Nä, kenn ich nicht!
TITANIC Kennen Sie nicht? Kann ich Ihnen kurz...
Juppi (abweisend) Anderes Stichwort: Feuerwehr! Wer bei der Feuerwehr nichts zu sagen hat, ist selbst schuld. Also wenn ein Häuptling, also derjenige, der die Richtung angibt, sagt, wir spritzen jetzt, wenn ein Haus brennt, die rechte Seite erst mal naß, aber bei unserer Feuerwehr, da entscheidet jeder selbst, was er tut. Da gibt es immer leicht satirisch-chaotische Auftritte!
TITANIC (mitfühlend) Ich hoffe, das ist nicht zu Lasten des Häuserbestandes bei Ihnen gegangen?
Juppi (lacht los) Nee, hehe, neenee! Keine Sorge!
TITANIC Aber den Winnetou Katschmarek-Witz kennen Sie nicht?
Juppi Nein, kenn ich nicht!
TITANIC Passen Sie auf: Einer ist der Dümmere, und der bleibt zuerst hinter der Bühne und kommt dann raus, und der Intelligentere fragt, he, wo warst du denn, und der Dümmere sagt, ich war noch an der Bar, ich hab ne Frau kennengelernt.
Juppi (anerkennend) Hö!
TITANIC Und dann sagt der Dümmere: Die kam vom Frauenkongreß, und da haben die herausgefunden, daß die Polen ein größeres Geschlechtsteil haben als die Indianer, oder umgekehrt, und daß die Franzosen die besseren Liebhaber seien. Und dann sagt der eine, da bist du ja schön ins Fettnäpfchen getreten, ich heiße nämlich Winnetou Katschmarek.
Juppi (freut sich) Ahaha, hahaha! Weil er Pole und Winnetou ist, oder was? Haha! Okay, aber diese Ausländerwitze mach ich grundsätzlich nicht, ich nehm mich selbst in erster Linie auf die Schippe und überzeichne einige Situationen, wo die Leute irgendwann nach einigem Nachdenken ganz schnell drauf kommen, wer da wohl gemeint sein könnte.
TITANIC Auf Kosten der Opposition geht da nichts?
Juppi Was heißt Opposition? Ich mach' am liebsten was auf meine eigenen Kosten...
TITANIC Ich verstehe schon. Ich würde Sie dann nur bitten, in der Bütt diesmal etwas bedächtiger zu sein, diese unangemessene Fröhlichkeit mal beiseite zu lassen.
Juppi Na gut, unangemessen, äh, wir sind hier im Rheinland, wir sind hier von zwei Dingen geprägt, tiefer Katholizismus, der die Würde des Menschen ganz hoch ansiedelt, andererseits auch der Humor und der Jux. Und das rheinische Grundgesetz "Et küt wie et küt, aber et küt" zeigt diese Mentalität, sich selbst nie so ernst nehmen, sich selbst runterzuholen. Das ist der entscheidende Punkt, sich selbst auch mal so'n bißchen witzig darstellen...

Oh, wunderbares Rheinland! Wenn auch die Indianerpolen mit ihren riesigen Geschlechtsteilen bessere Liebhaber sind, den allergrößten Humor im Kopf haben jedenfalls die Menschen zwischen Köln und Düsseldorf.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Endlich, »ARD«!

Seit Jahren musst Du Dich rechtfertigen, weil Du immer wieder die NS-Enthusiast/innen von der AfD zu Kuschelkursinterviews einlädst und ihnen eine gebührenfinanzierte Plattform bietest, damit sie Dinge verbreiten können, die sich irgendwo zwischen Rassenlehre und Volksverhetzung befinden. Aber jetzt hast Du es den Hatern endlich gezeigt und AfD-Anführer Tino Chrupalla in das härteste Interviewformat ever eingeladen: »Frag selbst«, das freaky Social-Media-Format von der Tagesschau, das schon Olaf Scholz mit knallharten Fragen à la »Wann Döner wieder drei Euro?« niedergerungen hat. Wir sind uns sicher: Besser als mit einem Kartoffelranking auf dem Twitch-Kanal der Tagesschau kann die AfD gar nicht entlarvt werden!

Legt schon mal die Chips bereit: Titanic

 Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Du warst der jüngste TITANIC-Chefredakteur aller Zeiten. Du warst der Einzige, der jemals eine klare Vorstellung davon hatte, wie das ideale Heft aussehen musste, und hast immer sehr darunter gelitten, dass sich Deine Utopie nur unzureichend umsetzen ließ. Aus Mangel an Zeit und an Mitarbeiter/innen, die bereit waren, sich Nächte um die Ohren zu schlagen, nur um die perfekte Titelunterzeile oder das richtige Satzzeichen am Ende des Beitrags auf Seite 34 zu finden.

Legendär der Beginn Deiner satirischen Tätigkeit, als Du Dich keineswegs über einen Abdruck Deiner Einsendung freutest, sondern Robert Gernhardt und Bernd Eilert dafür beschimpftest, dass sie minimale Änderungen an Deinem Text vorgenommen hatten. Das wurde als Bewerbungsschreiben zur Kenntnis genommen, und Du warst eingestellt. Unter Deiner Regentschaft begann die Blütezeit des Fotoromans, Manfred Deix, Walter Moers und Michael Sowa wurden ins Blatt gehievt, und manch einer erinnert sich noch mit Tränen in den Augen daran, wie er mal mit Dir eine Rudi-Carrell-Puppe vor dem iranischen Konsulat verbrannt hat.

Nach TITANIC hast Du viele, die ihr Glück weder fassen konnten noch verdient hatten, mit Spitzenwitzen versorgt und dem ersten deutschen Late-Night-Gastgeber Thomas Gottschalk humortechnisch auf die Sprünge geholfen. Und dass River Café, eine deutsche Talkshow, die live aus New York kam, nur drei Folgen erlebte, lag bestimmt nicht an Deinen Texten. Auf Spiegel online hieltest Du als ratloser Auslandskorrespondent E. Bewarzer Dein Kinn in die Kamera, und gemeinsam mit Tex Rubinowitz hast Du das Genre des Listenbuches vielleicht sogar erfunden, auf jeden Fall aber end- und mustergültig definiert, und zwar unter dem Titel: »Die sexuellen Phantasien der Kohlmeisen«. Und diese eine Geschichte, wo ein Psychiater in ein Möbelhaus geht, um eine neue Couch zu kaufen, und der Verkäufer probeliegen muss, wo stand die noch mal? Ach, in der TITANIC? Sollte eigentlich in jedem Lesebuch zu finden sein!

Uns ist natürlich bewusst, dass Du auch diesen Brief, wie so viele andere, lieber selber geschrieben und redigiert hättest – aber umständehalber mussten wir das diesmal leider selbst übernehmen.

In Liebe, Deine Titanic

 Wie kommt’s, »Krautreporter«?

In einem Artikel zum Thema »Konkurrenz im Job« stellst Du die These auf: »Konkurrenz ist nicht so verpönt wie ihr Ruf.« Aber warum? Was hat der Ruf der Konkurrenz denn bitte verbrochen? Womit hat er seinem Renommee so geschadet, dass er jetzt sogar ein schlechteres Image hat als die Konkurrenz selbst? Und weshalb verteidigst Du in Deinem Artikel dann nur die Konkurrenz und nicht ihren Ruf, der es doch viel nötiger hätte?

Ruft Dir fragend zu:

Deine genau im gleichen Ausmaß wie ihr Ruf verpönte Titanic

 Kleiner Tipp, liebe Eltern!

Wenn Eure Kinder mal wieder nicht draußen spielen wollen, zeigt ihnen doch einfach diese Schlagzeile von Spektrum der Wissenschaft: »Immer mehr Lachgas in der Atmosphäre«. Die wird sie sicher aus dem Haus locken.

Gern geschehen!

Eure Titanic

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster