Inhalt der Printausgabe

Dezember 2001


Tätää, Tätää, Tätää
TITANIC-Telefon-Terror
(Seite 2 von 11)


Tünnes & Scheel
Mein Name ist Winnitou Katschmarek!"


TITANIC Guten Tag, Dr. Sonneborn vom Innenministerium, Abteilung IV, Referat Kultur. Herr Tünnes, Sie sind hauptberuflicher Büttenredner?
Tünnes (stolz) Aber ja!
TITANIC Darf ich fragen, wo Sie auftreten?
Tünnes Wir sind hier tätig, gerade in der Kölner Region ganz stark und in Berlin.
TITANIC Gut, das ist erst mal ein informelles Gespräch, wir haben ein wenig Bedenken wegen der Büttenreden des nächsten Jahres! Sie wissen, daß es im Moment eine äh, diffizile Situation gibt, Krieg, Kampf der Kulturen, diese Sache. Und wir tasten jetzt so ein bißchen ab, inwieweit dabei möglicherweise Scherze gemacht werden. Wenn Sie verstehen, was ich meine...
Tünnes Bei uns? Mit solchen Dingen haben wir gar nichts! Da muß man wirklich schon vorsichtig sein, aus mehreren Gründen denke ich mal, daß man sich ein bißchen zurückhält!
TITANIC Genau. Haben Sie eigentlich irgendwas mit Hochhäusern oder Häusern im Programm? Oder über Anschläge? Kopftuchscherze? Fatwa-Späße?
Tünnes (abwehrend) Auch nicht, nee! Das wär doch niveaulos, wenn man so was macht!
TITANIC Wie geht das denn bei Ihnen überhaupt? Entschuldigen Sie, ich bin kein Freund des Karnevals, Sie gehen auf die Bühne und halten dann eine 20minütige Büttenrede?
Tünnes Ja, genau. Gut, wir haben die natürlich vorher geübt, so eine Büttenrede macht man nicht aus dem Stegreif heraus. Das sind im Prinzip Witze so aus dem Alltag. Da ist ja einer in so'm Zwiegespräch der Dümmere, und dem passieren dann schon so alltägliche Sachen.
TITANIC Und der Dumme sind Sie? Oder der Scheel?
Tünnes Das ist der andere, der Scheel.
TITANIC Und was haben Sie da an politischen Themen drin dieses Jahr?
Tünnes (beschwichtigend) Also brisante Sachen auf jeden Fall nicht. Was momentan passiert, da sollte man die Finger von lassen!
TITANIC Wie provokant sind denn Ihre Sachen, können Sie mir mal ein Beispiel liefern?
Tünnes (fahrig) Öh, was haben wir drin? Ich muß jetzt erst mal umschalten, weil ich bin jetzt auf das Gespräch so eingefahren... Zum Beispiel, das Ganze fängt an, daß ich zu spät komme und Kollege fragt mich dann, wo ich denn gewesen bin, ich hab an der Theke gestanden, Frau kennengelernt...
TITANIC Eine deutsche Frau?
Tünnes Jaja! Wir haben gar nichts mit Ausländern drin!
TITANIC Gut, weiter!
Tünnes Gut, z.B. die kommt vom Frauenkongreß und daß die dann hinterher sagt, nicht die Italiener sind die besten Liebhaber, sondern die Indianer, und nicht die Polen... haben das längste Geschlechtsteil, sondern die äh... nicht die...
TITANIC Afrikaner?
Tünnes Nein, langsam! Das fängt an... Also das ist immer schwer, das so zu erzählen mit den ganzen Gags... also nicht die Italiener sind die besten Liebhaber, sondern die Indianer. Und nicht die Franzosen wären die mit dem Längsten, sondern die Polen, und dann sagt der Kollege zum Beispiel, da hast du dich ja schön blamiert, dann sag ich, nee, ich hab mich direkt vorgestellt: Mein Name ist Winnitou Katschmarek.
TITANIC (schweigt)
Tünnes (verunsichert) Ja, so was zum Beispiel, das sind die Gags, die wir haben.
TITANIC (überrascht) Ach so, das war's schon?
Tünnes Ja.
TITANIC Sie haben jetzt hier gerade schon vier Völker angesprochen.
Tünnes (beschwichtigend) Gut, aber das sind doch Völker, pffft...
TITANIC Und dann ist da schnell ein polnischer Moslem dabei und dann...
Tünnes Aber das sind Themen, die sind zu brisant, um die da reinzubringen!
TITANIC Da würden wir auch sehr abraten!
Tünnes Das ist aber auch der einzige Witz, in dem wir Völker drinhaben.
TITANIC (nachdenklich) Aber dieser Witz kommt mir irgendwie bekannt vor!
Tünnes (gedrückt) Ja, den hatten wir letztes Jahr auch schon dabei.
TITANIC Ah, daher. Also ändert sich gar nicht so viel im Programm?
Tünnes Ist verschieden. Zum Teil haben wir immer noch das alte Programm.
TITANIC (versöhnlich) Na gut, das klingt so, als ob das auch in diesem Jahr wieder ganz gut über die Bühne gehen könnte...

Das ist ja beruhigend: Die Dümmeren sterben nicht aus, jedenfalls nicht im Großraum Köln, Berlin. Beruhigend auch, daß man im Karneval offensichtlich traditionell auf erprobte Witze zurückgreift - mit geschmacklosen Hochhauswitzen ist wahrscheinlich erst in sieben, acht Jahren zu rechnen.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt