Vom Marktdach gepfiffen
Ein Kommentar von Patrick Bahners
Ein Gespenst geht an die Börse, das Gespenst des Kommunismus. Dieses Gespenst trägt den Namen "Twitter" und ist strenggenommen gar kein Gespenst, geschweige denn Kommunismus. Mit Parmenides gesprochen, bedeutet das Eulen nach New York tragen. Wer sich über diesen Schritt noch wundert, sollte sich auch über klappernde Mühlen am rauschenden Bach und Obstertrag im Herbst wundern. Im "Big Apple" wird jetzt geerntet, an der Wallstreet füttern erste Investoren bereits hungrige Spatzen. Die New York Times, die ich jeden Tag lese, schreibt dazu in englischer Sprache, daß mit Twitter nach Google und Facebook bald eine weitere große Firma des Web 2.0 ihren Stand am Aktienmarkt aufschlägt. Das ist insofern bemerkenswert, als die New York Times, selbst börsennotiert, ein großes Interesse hat, sich nicht mit Querelen zu belasten. Eine Zeitung dieser Reichweite und Meinungskraft kann es sich schlicht nicht leisten, mit homerischem Pathos Wahrheiten vom Zaun zu brechen, die sich später als Käse herausstellen. Das wäre Stimmungsmache gleichsam ohne Brot und Butter. Kaum ein Twitter-Beobachter leugnet die Notwendigkeit, dieses wirtschaftliche Himmelfahrtskommando mit sehr viel Geld auszustatten. Denn bislang fehlt Twitter noch ein schlüssiges Geschäftskonzept, bringen die "Tweets", wie die maximal 140 Zeichen langen Kurzmitteilungen heißen, nicht den gewünschten Umsatz. Deshalb braucht das Unternehmen jetzt Investoren, um herauszufinden, worin dieser Umstand gründet. Für das Internet als moderne Polis wäre der Erfolg des Unterfangens ein Gewinn. Nirgends können Nachrichten so schnell verbreitet, Argumente vertauscht und künstliche Aufregung hergestellt werden wie bei www.twitter.com. Ich werde mir darauf jetzt jedenfalls erst mal einen "zwitschern".
◀ | Breaking News aus Schweden | Worüber die SPD-Basis demnächst noch abstimmt | ▶ |
Newstickereintrag versenden…