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TITANIC-Wut-Rubrik: Die offene Tür

Heute: Hannfried Lechter (63) über "Freunde" bei Facebook

Als ich neulich nach langer Zeit wieder einmal die Familie meiner Tochter besuchte, rutschte ihr Elfjähriger schon während des Mittagessens nervös auf seinem Sitzball herum. Kaum hatte er den letzten Bissen im Mund, sprang er auf und entfernte sich kauend mit dem Hinweis, er wolle wieder ins Kinderzimmer zu seinen Freunden. Ich war ein wenig verdattert: Warum hatte er seine Freunde denn nicht mit an den Tisch gebracht? Es war doch genug für alle da (Schweinenieren und Knödel nach Zubereitung meiner verstorbenen Frau), und ich hätte die Kameraden gerne kennengelernt. Wie sich bald herausstellte, gab es weder Besuch noch im eigentlichen Sinne Freunde, mein Enkel meinte damit virtuelle Kontakte im "sozialen" Netznetzwerk Facebook. "Sozial" in Anführungszeichen, weil diese natürlich aus den USA stammende Werbeplattform alles andere als sozial ist, wie Sie gleich noch feststellen werden. 6563 "Freunde" habe er dort, erzählte mir Fabian stolz, und stündlich würden es mehr. Als ich fragte, wem davon er im echten Leben bereits begegnet sei, kam er auf – halten Sie sich fest! – genau elf, von denen er sieben allerdings nicht gut leiden könne, zwei weitere wiederum ihn nicht. Auch auf die Gefahr hin, unbequem zu sein, frage ich Sie: Sind solche Freundschaften noch etwas wert?
Ich bin nun alles andere als fortschrittsfeindlich und ganz sicher noch lange nicht vom alten Eisen, aber ich frage mich schon, wo diese Entwicklung noch hinführen soll, wenn alles und jeder als Freund gilt, der einem noch nicht mal guten Tag gesagt hat, geschweige denn die Hand gegeben. Alle Menschen sind meine Freunde, aber über keinen weiß ich mehr als seine (aktuelle, muß man wohl dazusagen!) Haarfarbe und welcher Pudding ihm gefällt. Herzlich willkommen im Jahr 2015 und danke, daß Sie sich für diesen Höhepunkt westlicher Zivilisation den Buckel krummgeschuftet haben, liebe Vorfahren! Verzeihen Sie meinen Sarkasmus, aber jede ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Irrsinn verbietet sich von selbst, wenn man nicht ebenfalls der Verwässerung des Freundschaftsbegriffs das Wort reden möchte. Zu meiner Zeit zumindest war ein Freund jemand, auf den man sich verlassen konnte, der da war, wenn es einem schlecht ging, und umgekehrt. Einer mit dem man lachen und weinen und Ferkel stehlen konnte; heute schickt man einander Gefühlsregungen in Form bunter Fratzen anonym per "Chat", statt um Ferkel geht’s um Ferkeleien, und das einzige, was man noch gemeinsam stiehlt, ist Zeit, und zwar sich gegenseitig! Aber hilft einem auch nur einer dieser "Freunde" aus der Klemme, leiht einem irgendeiner dieser "ach so treuen" Gefährten Geld, wenn es zum Monatsende eng wird? Darüber dürfen Sie sich gerne selbst Gedanken machen (richtige Antwort: nein). Mein Enkel jedenfalls findet hoffentlich bald ins ECHTE Leben zurück, wenn ich ihm das Geld für den Internetanschluß streiche und statt dessen einen Lenkdrachen kaufe. Allen anderen aber sage ich frei nach den Chicorée-Indianern: Erst wenn der letzte "Shitstorm" geteilt ist, der letzte "Tweet" kommentiert und der letzte Depp ein "Nacktbild" ins WWW (World Wide Web) geladen hat, werdet ihr feststellen, daß Facebookfreunde sich nicht merken können, wann ihr Geburtstag habt! Schönen Tag noch!

Kategorie: Allgemein



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Briefe an die Leser

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg