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TITANIC Thinktank – Ein philosophisches EM-Gespräch mit Peter Sloterdijk

TITANIC: Herr Sloterdijk, heute abend beginnt in Paris die Fußball-EM.

Sloterdijk: Fußball ist ein großartiges Ereignis und eine absolut singuläre Form des In-der-Welt-Seins. Zwölf oder mehr junge Menschen zumeist weiblichen Geschlechts laufen einer Handtasche hinterher, um dieser einen kleinen Schläger zu entnehmen. Am Ende gewinnt diejenige der Damen, die am lautesten "Schach" schreit.

TITANIC: Äh...

Sloterdijk: Und wenn sich dieses Ereignis dann auch noch in Paris er-ei-gnet, das Ei, das der Ball je schon ist, also in der Stadt der Liebe auf dem Rasen aufspringt, dann liegen Ei-nsichten, die noch der Kritischen Theorie verborgen blieben, gleichsam vor den Füßen. Wenn ich hier von der Kritischen Theorie spreche, dann meine ich damit übrigens nicht die Kreisklasse-Ethiker Habermas und Honneth, sondern die berühmte negative Viererkette mit Stammplatzgarantie im Grandhotel Abseits, also Adorno, Horkheimer, Allgöwer und Bum-kun Cha. Ontologisch gesprochen: Es gibt nur ein’ Rudi Völler! Womit wir wieder bei dem wären, worin sich in effigie der Stolzsport Fußball und der Sportstolz des kleinen Mannes vereinen: den Füßen.

TITANIC: Jaa…

Sloterdijk: Füße sind für den Fußball eine Conditio sine qua non und insbesondere in der zweiten Halbzeit fast ebenso bedeutsam wie die Handtasche mit dem kleinen Schläger drin. Doch auch Beine erweisen sich auf diesem "Feld" – ich entleihe mir hier einen Ausdruck von Bourdieu! – als nützlich. In Anlehnung an Platon, Plotin und Platini könnte man gar den gesamten Unterleib als somatisches Apriori des Spiels bezeichnen. Genau in dem Sinne, in dem auch jeder Freistoß, den der Schiri gibt, das schlechthin Inkommensurable letztlich nur inkorporiert, um es in effecto zu immunisieren.

TITANIC: Also...

Sloterdijk: Aus heutiger Perspektive beinahe lachhaft erscheint mir hingegen Helmuth Plessners These vom verspäteten Anpfiff. Er und Sepp Heidegger hatten mit ihrer hospitalontologischen These, daß ein Spiel neunzig Minuten dauert, eben gerade nicht recht. Es gibt die Nachspielzeit, es gibt die Verlängerung, es gibt das Elfmeterschießen. Und manchmal gibt es auch eine dritte Halbzeit. Ich erinnere mich noch gut an einen Kongreß über postmodernes Konditionstraining, bei dem plötzlich die Jungs von der berüchtigten Žižek-Crew auftauchten und jeden niederschlugen, der so aussah, als hätte er schon mal Alain Badiou zitiert. Als ihr einziges Opfer dann wieder zu Bewußtsein kam, lag auf seinem Bauch eine kleine Visitenkarte mit den Worten "Congratulations, Pieter Schlotterscheich, you have just read the ICF(oucault)!" Ziemlich keck, oder?

TITANIC: Sehr. Aber...

Sloterdijk: Wenn Sie mich jetzt noch fragen, wer die Europameisterschaft gewinnt, kann ich dazu nur soviel sagen: Die Zeiten, in denen es hinreichte, einer zickigen Karin Mercedes-Benzema die Spieltasche zu entwenden, sind unwiederbringlich vergangen. Heute triumphieren am Ende diejenigen Mannschaften, die es am besten verstehen, ihre Ersatzbank in eine Zornbank zu verwandeln. (Kontologisch gesprochen reicht natürlich auch eine Zornsparkasse.) In meinen Augen sind das Sturm Graz und der VfB Wutgart.

TITANIC: Wir bedank...

Sloterdijk: SCHACH!!!

Kategorie: Allgemein



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Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/i nnen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt