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Deutschland im Lustkoma

Der Kinoerfolg von "Fifty Shades of Grey" zeigt: Deutschland ist im SM-Fieber. Im Interview erklärt die professionelle Domina Violetta Knute die neue Lust am Schmerz.

TITANIC: Frau Knute, Sie sind von Beruf Domina. Wie...
– Ruhe, die Fragen stelle ich, Sie erbärmliches Würstchen. Hose runter! Haha, ein kleiner Scherz – was wollen Sie wissen?

TITANIC: Äh, nun ja: Merken Sie in Ihrem Berufsalltag etwas vom "Fifty Shades"-Erfolg?
Mir bleiben die besten Stammkunden weg! Männer, die sich von mir gestern noch eine Ananas haben rektal einführen lassen, sitzen heute mit ihrer Frau Gattin im Kino. Sie sagen, die Pein, diesen Film nüchtern durchzustehen, überträfe alles, was ich hier an Schmerzen zu bieten habe, um ein vielfaches. Aber wenn es die Ehe rettet: meinetwegen. Ihre Hose können Sie übrigens wieder hochziehen.

TITANIC: Schade! Gewinnen Sie zum Ausgleich wenigstens neue Kunden?
Das schon. Immer mehr junge Menschen, vor allem Studenten, kommen zu meinen Workshops, wollen lernen, wie sie mit BDSM ihr Liebesleben bereichern können. Aber, wenn Sie mich fragen, ganz sauber sind die alle nicht...

TITANIC: Was meinen Sie?
Ein Beispiel: Kürzlich hatte mich eine WG in Hamburg gebucht, drei Pärchen Mitte 20. Ich komme rein, will gerade mein Equipment auspacken, da kreischt mich die Hausherrin, eine Medizinstudenten-Trulla an, ob Peitsche und Stiefel aus echtem Leder seien. Sie selbst wolle ja durchaus leiden und Lust aus Schmerz gewinnen, aber bitte nicht auf Kosten unschuldiger Tiere. Ob ich denn eigentlich wüßte, daß nur einige wenige Schildkrötenarten einen Orgasmus erleben können; der Rest der Tierwelt könne keine Lust empfinden und sei daher zu schonen. Außerdem habe sie, die Trulla, noch "was im Wok, alles containert", und man wolle erst essen.

TITANIC: Und dann? Wie haben Sie reagiert?
Ich habe allen eine gescheuert und bin ohne einen Cent nachhause gefahren. Ich habe überhaupt den Verdacht, daß es keine gute Sache ist, wenn der Durchschnittsdeutsche die Lust an Sadomaso, Bondage usw. entdeckt.

TITANIC: Interessant, das müssen Sie erklären!
Die Herr Müllers und Frau Meiers, die seit "Fifty Shades of Grey" neuerdings in mein Studio strömen, kommen in Sachen SM ja von null – und gehen aber direkt auf hundertachtzig! Die fordern Dinge, da bleibt mir selbst nach zwanzig Jahren Berufserfahrung die Spucke weg.

TITANIC: Wie sehen die abartigen Wünsche dieser Neukunden denn aus, können Sie ein Beispiel nennen?
Sie denken jetzt sicher, der deutsche Spießer möchte als Gartenzwerg verkleidet und dann angepinkelt werden – schön wär’s! Es ist noch viel schlimmer.

TITANIC: Beispiele, Frau Knute, geben Sie es uns, sofort!
Na schön, ich bin ja – leider! – keine Psychotherapeutin und daher frei von jeder Schweigepflicht. Letzte Woche suchte mich eine Kundin auf, ich nenne sie für dieses Interview Kathrin, Ende 30 und CDU-Mitglied, glaube ich. Kaum in meinen Keller hinabgestiegen, überreicht Sie mir ein Kostüm, sagt, ich solle mich verkleiden als – Anne Frank! "Mein Safeword lautet 'Stalingrad'", sagte Kathrin und fing dann sofort an, mir Israel-kritische Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vorzulesen. Nach jedem Absatz rief sie vor Erregung "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!" aus, dann mußte ich, Anne Frank, sie mit großen Augen ansehen und die Brust zwicken. Nach einer Viertelstunde konnte ich nicht mehr und bin unter Tränen aus meinem eigenen Studio geflüchtet.

TITANIC: Das ist ja entsetzlich...
… aber noch nicht mal der Höhepunkt! Einen Tag später, ich hatte mich noch nicht ganz erholt, steht ein Herr bei mir in der Tür, ich nenne ihn hier Söder, nein: lieber Markus. Um die 50 Jahre, Maßanzug, er hatte mich und zwei meiner Kolleginnen zu einer Vierer-Session gebucht.

TITANIC: Lassen Sie uns raten: Sie mußten sich bestimmt verkleiden.
Ganz richtig, und zwar nicht irgendwie! Markus wollte sich, vom besagten Kinohit inspiriert, total unterwerfen und hatte genaue Vorstellungen: Ich mußte mich in eine Schweizer Flagge hüllen, meine beiden Kolleginnen rieben sich mit Knoblauch ein und warfen sich Griechenland-Fahnen um die Hüften. Dann befüllte Markus eine Badewanne mit echten 500-Euro-Scheinen, die er selber in einem Kartoffelsack mitgebracht hatte. Ich sollte mich in die Wanne legen, lustvoll im Geld baden und auf Schwizerdütsch enthemmt auf "Osmanen, Muselmänner und Ossis" schimpfen, während meine Kolleginnen als Griechinnen ihm weitere Geldscheine aus seinem Slip zogen, diese dann anzündeten und ihm damit Brandmale auf den Unterarmen zufügten. Nach wenigen Minuten fiel Markus in ein Lustkoma, wir riefen den Krankenwagen.

TITANIC: Um Himmelswillen! Wir erklären Sie sich solch extreme Neigungen?
Ich erkläre gar nichts mehr! Seit letzter Woche bin ich fast arbeitsunfähig: "Posttraumatische Belastungsstörung" attestierte mir ein Kunde gestern bei Doktorspielchen. Deutschland und Sadomaso? Bitte nicht!

TITANIC: Frau Knute, vielen Dank für das Gespräch und gute Besserung.

Kategorie: Allgemein



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Briefe an die Leser

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg