Humorkritik | März 2024

März 2024

»Lachen kann etwas sehr Machtvolles sein, denn manchmal ist das im Leben die einzige Waffe, die wir haben.«
Roger Rabbit

Local Hero

Der Erfolg von Mundart- und Regiolekt-Humoristen wie Gerhard Polt oder dem neulich an dieser Stelle diskutierten Gerd Dudenhöffer sollte nicht vergessen lassen, dass der Ruhm der meisten eben doch nicht über die jeweiligen Landesgrenzen hinausdringt. Deswegen dürfte außerhalb von Sachsen auch kaum jemand mit dem Schaffen des aus Dresden stammenden Kleinkünstlers Olaf Böhme vertraut sein, dessen Todestag sich im März zum fünften Mal jährt. Böhme promovierte zu Beginn der 1980er-Jahre zunächst in Mathematik und schenkte seiner Alma Mater, der TU Dresden, später mit einer alljährlich stattfindenden komischen Mathevorlesung eine ihrer beliebtesten Veranstaltungen: Nach hingebungsvoller Verunglimpfung des eigenen Fachs als Disziplin »für Leute, die ihre Sensoren abgeschaltet haben«, folgte eine zwar im Nonsens-Verfahren, aber dennoch korrekt gelöste komplexe Gleichung (»Gibt’s Fragen?« – »Machen Sie mal die Probe!« – »Nee, Zeit is rum!«).

Bald zog es Böhme zum Theater, wo er sich als Ensemblespieler ausprobierte und später als Solist seine Geschichtenprogramme auf so ziemlich jede Bühne der Region brachte. Zum Publikumserfolg wurden in den 1990er-Jahren seine Auftritte in der Rolle des »betrunkenen Sachsen«, eines bauernschlauen Wendeverlierers mit unansehnlicher Ehefrau und einem Faible für Tupperware. In anderen Händen wäre die Nummer ein peinliches Sammelsurium von Ossi-Klischees geworden – Böhme schenkte dem namenlosen, um jeden Konsonanten ringenden Trinker mit der Krawatte eine Seele und zahlreiche lustige, hier und da ans absurde Theater erinnernde Monologe, die mittlerweile auch von anderen nachgespielt werden. Dort, wo die Postleitzahlen mit 0 beginnen, können einige immer noch mitsprechen, wie sich der betrunkene Sachse auf die falsche Wahlparty verirrt (»Die FDP ist die Partei der Besserverdienenden – und ich hab was Besseres verdient!«), in der Arztpraxis seine »Chipskarte« sucht oder die Steuererklärung zur Lebensbeichte umfunktioniert. Auf den einschlägigen Videoplattformen sind nur wenige Ausschnitte aus Böhmes Schaffen zu finden, CD-Mitschnitte sind meist vergriffen. Da und dort tauchen noch Exemplare seiner Gedichtbände auf, die viel Gelegenheitsreimerei enthalten, aber eben auch die ein oder andere Perle. Böhmes Goethe-Variationen, in denen »über allen Gipfeln« nicht Ruh’ ist, sondern Wurstbrote fliegen, amüsieren ebenso wie der Wintersport-Zyklus, in dem die meisten Wettbewerbe wegen Gallenkoliken ausfallen. Bevor eine schwere Erkrankung im Jahr 2012 Böhmes Bühnenkarriere beendete, absolvierte er noch zahlreiche Solo-Programme, einen Auftritt in der deutschsprachigen Version von »Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)« sowie ein abendfüllendes Duett mit Olaf Schubert (»Olaf Meets Olaf«). Sehr zu Unrecht verstarb Böhme im März 2019 – ich meine, Sie sollten mal von ihm gehört haben.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Hans Traxler: »Die Dünen der Dänen«