Humorkritik | November 2023
November 2023
»Zwangsoptimismus tötet den Humor, welcher ja am elegantesten ist, wenn er Schwarz trägt.«
Guillaume Paoli

Im Schatten junger Mätzchenblüte
Der 101. Todestag von Marcel Proust am 18. November bietet mir die Gelegenheit, auf alle Menschen anzustoßen, die jemals Schabernack mit dem Namen des französischen Romanciers getrieben haben. Vor die Alternative »Proust oder Keule« gestellt, ließen sich diese tapferen Witzbolde durch keine proustrierende Erfahrung entmutigen, sondern taten einfach das, worauf sie Proust hatten. So bringen sie ihr Publikum auch heute noch zum Prousten und mich zum Gratulieren – und zwar, na klar, mit einem lauten »Proust!«
Weniger bekannt als Kalauer dieser Sorte ist die Tatsache, dass Proust selbst einen gewissen Hang zum Wortspiel hatte. So kann man sich bei der Lektüre der »Suche nach der verlorenen Zeit« kaum des Eindrucks erwehren, die Familie Cambremer tauche vor allem deshalb auf, weil der Autor hemmungslos herumwitzeln wollte: recht banal über die »Marquise de Camembert«, sehr anal über den »Marquis von Cambremerde« und vollends fatal über »Gräfin Kaka« und »Baronin Pipi«.
Zugute halten sollte man Proust natürlich, dass er seine Albernheiten im Allgemeinen Gestalten in den Mund legt, die bewusst als Witzfiguren konzipiert sind, so zum Beispiel dem Fürsten von Faffenheim-Munsterburg-Weinigen oder dem geradezu fabelhaft stumpfsinnigen Dr. Cottard. Wie die »Recherche« auf ihren mehr als 4000 Seiten ja überhaupt eine ganze Reihe dieser Witzfiguren versammelt – und Komikfreunden daher auch 101 Jahre nach dem Tod ihres Verfassers noch Freude bereiten wird. Vorausgesetzt, sie haben genug Zeit.