Humorkritik | November 2023

November 2023

»Zwangsoptimismus tötet den Humor, welcher ja am elegantesten ist, wenn er Schwarz trägt.«
Guillaume Paoli

Ein Hit

Zwar ist der texanische Indie-Regisseur Richard Linklater (»Before Sunrise«) für eine gewisse erzählerische Leichtigkeit bekannt, für ausgemachte Komödien hingegen bisher noch nicht. Vielleicht ändert sich das jetzt mit »Hit Man«, einem Profikiller-Film aus dem true crime-Subgenre (»kind of based on a true story«).

Zur Handlung: Philosophieprofessor Gary Johnson lebt mit seinen Katzen Id und Ego in New Orleans. Nebenbei erledigt er technische Dienstleistungen für die Polizei, bis er spontan für einen verdeckten Ermittler einspringen und sich bei Treffen mit Verdächtigen als Auftragsmörder, sprich hit man, ausgeben muss. Er füllt seine Rolle als vermeintlicher Killer derart bravourös aus, dass das Provisorium zur Dauerlösung wird und Gary die potentiellen Auftraggeber – ein gesellschaftlicher Querschnitt vom Rocker bis zur niedlichen Omi – reihenweise überführen darf.

Gary stellt dabei immer genau das dar, was die Phantasie seiner kriminellen Klientel begehrt, und greift dazu auf Verkleidungen zurück, die an filmische Vorbilder von »Le Samouraï« (Jean-Pierre Melville) bis Luc Bessons »Léon – Der Profi« erinnern. Diese Referenzen – etwa Alain Delons Ensemble aus Trenchcoat und Hut oder Jean Renos rührende Zuneigung zu seiner Zimmerpflanze – zu erkennen und zu entschlüsseln macht Spaß, setzt aber auch eine gewisse Filmbildung voraus. Auch Gary findet allmählich Gefallen an seinen verschiedenen Identitäten, besonders am souveränen und selbstbewussten »Ron«. Als sich die attraktive Klientin Madison in »Ron« verliebt (und Gary sich in sie), fällt die Trennung zwischen den Persönlichkeiten immer schwerer.

Wie der Film die sich daraus ergebenden Komplikationen erzählt, das ist durchaus erfrischend. Umso ärgerlicher, dass »Hit Man« in ersten Besprechungen als »Action-Komödie« verunglimpft wurde, denn Action im klassisch filmischen Sinn gibt es kaum. Dafür umso mehr clevere Anspielungen (»Deine Zielperson ist dieser Einzelgänger, der dort sitzt und den ›Fänger im Roggen‹ liest – was, historisch betrachtet, kein gutes Zeichen ist«) und unrealistisch schlagfertige Wortwechsel. Besonders beeindruckend ist die Sequenz, in der Ron und Madison von der Polizei abgehört werden und spontan eine Unterhaltung improvisieren müssen, die sie beide entlastet. Parallel zur verbalen Diskussion kommunizieren die beiden via hastig getippter Stichwörter auf dem Handy-Display, wobei sich Bild- und Tonebene virtuos überlagern.

Filmästhetisch eher unauffällig, lebt »Hit Man« also von den Dialogen, wie schon Linklaters »Boyhood« oder die »Before«-Trilogie. Dass der Regisseur das Drehbuch gemeinsam mit seinem Hauptdarsteller und seiner Hauptdarstellerin verfasst hat, tut der Chemie zwischen den Figuren gut. Ich jedenfalls musste bei dieser hochgradig unterhaltsamen Mischung aus Film noir und Screwball-Comedy sehr oft laut lachen. »Hit Man« wird hierzulande wohl nicht im Kino, wohl aber demnächst bei Netflix zu sehen sein.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
01.12.2023 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer
01.12.2023 Karben, Kulturscheune im Selzerbrunnenhof Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
02.12.2023 Itzehoe, Lauschbar Hauck & Bauer
03.12.2023 Kassel, Studiobühne im Staatstheater Kassel Ella Carina Werner