Humorkritik | November 2023
November 2023
»Zwangsoptimismus tötet den Humor, welcher ja am elegantesten ist, wenn er Schwarz trägt.«
Guillaume Paoli

Fletch Me If You Can
Irving Maurice Fletcher, von seinen Freunden »Fletch« genannt, ist eine Romanfigur des amerikanischen Autors Gregory Mcdonald (1937--2008), die bisher auch in drei Filmen aufgetreten ist. Die ersten beiden Bücher der Serie erhielten nacheinander den »Edgar Allan Poe Award«, immerhin so etwas wie der Oscar der »Mystery Writers of America« für Kriminalromane. Ihr Reiz liegt eindeutig nicht im Spannungsbogen, sondern in den intelligenten Dialogen und den Pointen, die der Harvard-Absolvent Mcdonald dem charmanten Fletch in den Mund legt. Und auch in den Verfilmungen – 1985, 1989, 2022 – wird mehr geredet als geschossen. Der Investigativjournalist Fletch wechselt gern die Rollen und gibt sich neue, alberne Namen:
Doktor: »Arnold Babar… Isn’t there a children’s book about an elephant named Babar?«
Fletch: »I don’t know. I don’t have any.«
Doktor: »No children?«
Fletch: »No elephant books.«
Dem zweiten Teil, »Fletch Lives«, liegt keine Romanvorlage zugrunde. Dafür hat Gregory Mcdonald am Originaldrehbuch mitgeschrieben, vermutlich, um die Szenen passgenau auf den Hauptdarsteller zuzuschneiden, der mit seiner lässigen Art, seine Sätze mit leichter Verzögerung zu servieren, dem Ganzen den Rhythmus gibt. Chevy Chase, in den siebziger Jahren durch »Saturday Night Live« und die »National Lampoon«-Filme bekannt geworden, hat in diesen beiden ersten Fletch-Verfilmungen von 1985 und 1989 die Titelrolle gespielt. Er nennt Fletch seinen Lieblingscharakter, da er es ihm erlaubt habe, sich weitgehend selbst zu spielen: einen nonchalanten Ostküsten-Dandy, dem nichts und niemand imponiert. Selbst in bedrohlichen Situationen, wenn ihm zum Beispiel ein korrupter Polizeichef mit dem Einsperren droht, verliert er nicht die Fassung.
Fletch: »Can’t keep me here, chief.«
Chief: »Maybe I’m not going to keep you in here. Maybe I’m going to blow your brains out.«
Fletch: »Well, now, I’m no lawyer, but I do believe that’s a violation of my rights.«
Die deutsche Fassung sei Freunden von Wenzel Lüdeckes »Berliner Synchron« übrigens sehr empfohlen – ein nostalgisches Vergnügen, Euer Merkwürden.
Jon Hamm, Star aus »Mad Men«, der nach jahrelangen Wiederbelebungsversuchen die Rolle in der Miramax-Produktion von 2022 übernommen hat, versucht zum Glück gar nicht erst, Chase zu kopieren. Eher orientiert er sich an Vorbildern wie Cary Grant und George Clooney; und selbst wenn er sie nicht ganz erreicht, hilft ihm der Versuch über die Schwierigkeiten hinweg, die entstehen, wenn ein Schauspieler einen Komiker ersetzen soll.
Im Vergleich zu den Vorgängerfilmen schneidet »Confess, Fletch«, im Programm bei Sky und Paramount+, auch deshalb nicht allzu schlecht ab, weil es sich nicht mehr nur um eine für Komiker geeignete Nummernrevue handelt, die Story Spannung entwickelt und entsprechend Interesse bindet. Auf Wunsch des Hauptdarstellers wurde die Gagdichte reduziert, die Pointen wurden auf mehrere Figuren verteilt. Vor allem ein chronisch übermüdeter Inspektor, dargestellt vom Stand-upper Roy Wood Jr., sorgt für das nötige Gleichgewicht.
Angeblich ist die Fortsetzung »Fletch’s Fortune« bereits in Arbeit.
Wer diese Kritik zu freundlich findet, da sie allerlei Verstöße gegen den guten Geschmack und die geltenden Reinheitsgebote ignoriert, dem sei gesagt: »It takes a big man to admit when he’s wrong. I am not a big man.«