Humorkritik | November 2020
November 2020
Sich umbringen heißt ja auch, sich ernst nehmen – und das kann ich nicht.
Herbert Feuerstein (1937 – 2020)

And now for something completely creative
»Cleese’s Creativity«, »Creating with Cleese« oder doch »Dem Ratgeber raten« … Verzeihen Sie, ich spiele gerade ganz frei, lustvoll und kindlich mit Ideen herum, ohne an Zweck und Ziel zu denken. Dann könnte am Ende nämlich ein gelungener Beitragstitel herauskommen. So steht es zumindest im neuen Buch von John Cleese, dem Kreativitätsratgeber »Creativity«.
Eine der im Untertitel »a short and cheerful guide« angekündigten Eigenschaften besitzt das Buch tatsächlich: es ist kurz. 103 Seiten hat es. Überdies sind Schriftgröße, Zeilen- und Absatzabstand derart riesig, dass man beim ersten Aufschlagen meint, ein Kinderbuch vor sich zu haben. Doch auch in dieser Kompaktheit findet sich – eingebettet in theoretische Überlegungen wie der Vorstellung eines »intelligenten Unbewussten« – Praktikables, etwa eine ausgezeichnete Anleitung, wie man am nützlichsten und erträglichsten die Meinungen anderer einholt, mit ideenlosen Phasen umgeht oder ein förderliches Arbeitsumfeld schafft.
Leider sind einige der gegebenen Anregungen recht offensichtlich (vermeide Ablenkungen, sie stören beim Nachdenken), kryptisch (»einen einfallsreichen Sprung machen«) oder für Kenner der Materie nichts Neues (»kill your darlings«). Überhaupt bin ich mir nicht sicher, ob die Ratschläge, die Cleese aus seiner Erfahrung als komischer Autor ableitet und einmal gar als »ziemlich zufällige Gedanken über das Schreiben« bezeichnet, so universell einsetzbar sind, wie er es gerne hätte (angegebene Zielgruppe: alle, die kreativer werden möchten). Nicht umsonst rät Cleese selbst: »Beginnen Sie mit dem einfachen Kram. So was wie: Für wen schreibe ich überhaupt?« Denn jedes Publikum habe eigene Bedürfnisse und wolle anders angesprochen werden.
Mit neuen Einfällen, so ein weiterer Tipp, sollte man nicht zu schnell zu hart ins Gericht gehen – mit diesem fertigen Buch darf ich das freilich schon. Zwar gefällt mir, dass Cleese Kreativität nicht als angeborene Gabe einiger weniger, sondern als lernbares Handwerk präsentiert, und die kurze Lektüre ist auch durchaus anregend; hätte sich Cleese aber thematisch auf das Schreiben, vielleicht sogar auf das komische Schreiben konzentriert, wäre das Ergebnis womöglich klarer und – eine für Ratgeber wichtige Eigenschaft – hilfreicher gewesen. Dazu hätte zumindest ich ihm geraten.