Humorkritik | Februar 2020
Februar 2020
Aber das Leben ist im Grunde so fatal ernsthaft, daß es nicht zu ertragen wäre ohne solche Verbindung des Pathetischen mit dem Komischen. Das wissen unsere Poeten.
Heinrich Heine
Kleiner Nazi
Man könnte den Regisseur Taika Waititi, Schöpfer u.a. einer neuseeländischen Jugendkomödie (»Boy«), eines Vampir-WG-Films (»5 Zimmer, Küche, Sarg«) und eines Superhelden-Blockbusters (»Thor – Tag der Entscheidung«), einen Genre-Hopper nennen. Mit »Jojo Rabbit«, derzeit im Kino, hoppelt er eine neue Station an, und zwar die der Nazi-Satire; diesmal geht es um den zehnjährigen fanatischen Hitlerjungen Johannes, der nicht nur einen imaginären Freund namens Adolf Hitler hat (gespielt von Waititi selbst), sondern auch einen abwesenden Vater (angeblich an der Front) und eine Mutter im antifaschistischen Widerstand. Als er entdeckt, dass diese ein jüdisches Mädchen namens Elsa hinter einer Wand im Haus versteckt, bekommt er es erst mit der Angst und bald mit Elsa persönlich zu tun.
Waititi erzählt die Ereignisse fast ausschließlich aus der Sicht des zehnjährigen Hitlerfans, was die Figuren wie einer Kinderfantasie entsprungen erscheinen lässt: Während seine Mutter indifferent um Jojo herumtanzt, sind die leicht vertrottelten, aber coolen HJ-Führer, Wehrmachtsoffiziere und Gestapo-Männer dauernd am »heilhitlern«; stellen allerdings, wenngleich Witzfiguren, eine latente Lebensbedrohung für Jojos Bezugspersonen dar. Diese Konfrontation von Rassenideologie und dem Entdecken der Wirklichkeit birgt nicht nur manchen Anlass für Albernheiten und Situationsscherze, sondern auch eine etwas abseitige, aber durchaus hübsche Coming-of-Age-Geschichte. Jojo, der ein bahnbrechendes Buch über »die Juden« und ihre Eigenschaften zu schreiben plant, will derweil Elsa zwingen, ihm alles über die jüdische Rasse zu erzählen. Sie informiert den kleinen Fanatiker über die Schlafgewohnheiten der Juden (wie die Fledermäuse von der Decke hängend) oder auch darüber, dass die typischen jüdischen Hörner erst mit 21 wüchsen, weshalb sie ihm ihre leider noch nicht zeigen könne.
Auch wenn Waititi seine Lektion zuweilen mit dem Vorschlaghammer ins Zuschauerhirn drischt und »Jojo Rabbit« im Finale ein wenig in Pathos versinkt, möchte ich den für ein halbes Dutzend Oscars nominierten Film loben, nicht zuletzt wegen der beiden sehr jungen und guten Darsteller.