Humorkritik | Februar 2020
Februar 2020
Aber das Leben ist im Grunde so fatal ernsthaft, daß es nicht zu ertragen wäre ohne solche Verbindung des Pathetischen mit dem Komischen. Das wissen unsere Poeten.
Heinrich Heine
Schade, dass er nicht mehr bellt
Komik ist gewiss nicht das erste, was man mit dem Namen Max Horkheimers verbindet. Vielmehr gilt der Begründer der Kritischen Theorie, dessen Geburtstag sich diesen Monat zum 125. Mal jährt, weithin als humorloser Pessimist. Und wenn man die »Kritik der instrumentellen Vernunft« liest, in der Horkheimer auf »die tiefe anthropologische Affinität von Heiterkeit, Wut und Nachahmung« hinweist und »das Gelächter der Menge« unter Berufung auf Victor Hugo als »die Heiterkeit des Wahnsinns« bezeichnet, kann man sich ihn tatsächlich nur schlecht als Stammgast im kalifornischen Stahlbad Fun vorstellen.
Andererseits besaß das berühmte Grandhotel Abgrund eben auch eine Kellerbar. Und in deren Räumen, sprich: unter Vertrauten, konnte sich der eher bedächtige Professor Horkheimer schon mal in einen Trinkphilosophen verwandeln, der der angewandten Anheiterung mit folgender beschwipster Dialektik nachspürt: »Wenn man das Trinken liebt, dann soll man nicht trinken, damit man es nicht am Ende unterlassen muß. Die, die das Trinken lieben, kommen schließlich immer dazu, daß sie nicht mehr trinken dürfen und nicht mehr trinken können. Ist es aber klug, so könnte man fragen, jetzt schon das nicht mehr zu tun, was man tun möchte, bloß weil man es dann später nicht mehr tun darf?« Oder er mutiert zu einem echten Werbetext-Talent, das begeistert die Vorzüge des US-amerikanischen Örtchens Lake Placid anpreist: »Es soll hier auch Fußpfade geben. Stundenlang irrt der Wanderer auf den prächtig angelegten Autostraßen und kehrt schließlich staubüberzogen zurück, ohne sie entdeckt zu haben. Auch wenn er nichts gefunden hat, ist er auf diese Weise wenigstens spazierengegangen und erlebt den Triumph, dem scheinbar sicheren Tod durch die Autos glücklich entronnen zu sein. Da er ähnliche Freuden auch nach jedem Gewitter empfindet, bei welchem das blitzableiterlose Holzhaus nicht in Flammen aufgegangen ist, gestaltet sich ein Aufenthalt hier im großen ganzen vergnüglich und abwechslungsreich.«
Für den tiefsten Eindruck sorgte der gerissenste Hund des Instituts für Sozialforschung freilich mit einer Verwandlung, bei deren Vorführung es selbst dem wortgewaltigen Adorno die Sprache verschlagen haben dürfte. Eine Bekannte erinnert sich an Horkheimers besten Trick Mitte der sechziger Jahre so: »Ich höre Sie noch um Mitternacht am Times Square heulen und Maidon sagen: ›Aber Max!‹ Wie vermisse ich Sie beide! Ich hoffe nur, Sie bellen noch.«