Humorkritik | Juni 2018

Juni 2018

Gravitätischer Ernst ist recht eigentlich das Wesen des Betrugs und der Heuchelei. Er läßt uns nicht nur andere Dinge mißverstehen, sondern ist fast stets in Gefahr, sich selbst zu verfehlen.
Anthony Ashley-Cooper, 3. Earl of Shaftesbury

Geknufft und gepufft

Alles, was man abschließend über die schnell verblichene »Gründer«-Show »Start up« mit Carsten Maschmeyer (Carsten Maschmeyer: »Ich bin Carsten Maschmeyer«) und andere Derartigkeiten wissen muß – die Einschaltquoten von »Start up« lagen übrigens, anders als wohl im Businessplan vorgesehen, bei den »jungen Zuschauern« zeitweilig hinter denen des »Sandmännchens« –, steht überraschenderweise in einem »Handbuch« irischer Elfen, das mir unlängst in die Hände fiel: »Vor allem aber ist der Grogoch ein unermüdliches Arbeitstier und duldet bei Menschen keine Faulheit. Leute, die am Sonntagmorgen ausschlafen wollen, weckt er, indem er auf ihrem Bett herumtollt und ihnen Maulschellen verpaßt. Ebenso werden Arbeiter, die auf den Heuwiesen Rast machen, vom Grogoch gepufft und geknufft, bis sie ihre Arbeit wiederaufnehmen. Wie viele andere Kobolde hat der Grogoch große Angst vor dem Klerus und betritt kein Haus, in dem sich ein Priester oder Pfarrer befindet. Wenn ein Grogoch zum Quälgeist wird, ist es ratsam, sich einen Geistlichen ins Haus zu holen und das Geschöpf auszutreiben, auf daß es – natürlich ungewollt – einen anderen heimsuche.« Ob unsere Hochklerikalen für solcherlei Dienste im heutigen Trubel überhaupt noch zur Verfügung stehen? Schließlich droht unentwegt Gefahr von solchen Plagegeistern: »Seine Berührung läßt unabgedeckte Milch sauer werden, vernichtet die für den Winter gespeicherten Kartoffeln mit Brand und macht die aufgeschichteten Torfsoden feucht, so daß sie nicht mehr brennen, wenn man sie anzünden will.« Oder: »Sein bloßer Anblick hindert die Hennen, Eier zu legen und die Kühe, Milch zu geben, und er ist die Geißel aller nächtlichen Reisenden, weiß man doch, daß er sie sich auf den Rücken lädt und sie dann in schlammige Gräben oder Moorlöcher schleudert.« Einem anderen dieser Wesen »werden Erkältungen, Halsweh und Grippe nachgesagt« (ein ausgezeichneter erster Satz für eine Biographie, wie ich finde). Und über einen weiteren heißt es recht plastisch: »Der Kopf hat die Farbe und Beschaffenheit alten Brotteigs oder schimmeligen Käses und ist ziemlich glatt. Ein gräßliches idiotisches Grinsen zieht sich über das ganze Gesicht, und die kleinen, schwarzen Augen huschen umher wie bösartige Schmeißfliegen. Wer aus dem Fenster blickt, um ihn vorüberreiten zu sehen, erhält zum Dank eine Schüssel Blut ins Gesicht geschüttet oder wird auf einem Auge blind.«

Zum Glück hat er, so erfahren wir weiter, nur »ein begrenztes Sprachvermögen«.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg