Humorkritik | März 2016
März 2016
»Das Lachen ist der Regenbogen, / der dunklem Grund des Sturmes entsteigt.«
Anastasius Grün

Unsere Lautesten
Wer, wie ich, zuweilen mit der Literaturkritik hadert, der freut sich über Handreichungen wie diese: »Mein nächstes Buch lassen Sie bitte gleich von einem natürlich auch in Oberösterreich geborenen oder ansässigen Schimpansen oder Maulaffen besprechen.« In nicht wenigen Fällen würde das der Sache in der Tat guttun, und wer immer findet, er müsse über Thomas Bernhard nichts Neues mehr erfahren, der kennt auch diesen schönen Leserbriefausschnitt vermutlich schon, den die jüngste Biographie (von Manfred Mittermayer, erschienen bei Residenz) anführt; doch gutes Schimpfen, Bernhard-Leser wissen es, nutzt sich durch Wiederholung ja nicht ab. Im Gegenteil.
Das beweist auch der wunderbare Max Giermann in der im übrigen, wie mitgeteilt (TITANIC 12/2015), mediokren ZDF-Comedy »Sketch History«, allwo er Klaus Kinski als Gaius Julius Cäsar, den Heiligen König Melchior (auf dem Weg zum Christkind) oder Titanic-Schiffsgeiger durch praktisch identische, aus den Vokabeln »Arsch«, »Sau«, »Idiot« und »Schwachsinn« montierte Monologe schickt – und immer ist das sofort so lustig, wie es im Original schon war. Dies die bedenkenswerte Ausnahme von der Regel, wonach Komik Überraschung benötigt, sofern die Überraschung nicht dialektisch die ist, daß sich wer, ob in literarischem Kalkül oder von der Meise mitgerissen, das närrisch Invariante karnevalistisch herausnimmt. Zu den legendären Auftritten Kinskis als z.B. Jesus kamen die Leute, weil sie ihn ausflippen sehen wollten, und von Rainald Goetz stammt die Einschätzung, Bernhard sei deshalb so phänomenal, weil er der einzige sei, der so schreiben dürfe, und das wisse und voll ausspiele. »Das Grauenhafte, wenn man weiß, es kommt, ist komisch«, schrieb Schernikau, und wenn ich Jean Paul einmal verkürzen darf und Komik das Endliche, Humor das Unendliche ist: Kommt die Tirade dem Unendlichen bei, indem es dieses als objektiv Identisches mit profan endlichen Mitteln parodiert? Und ist das u.U. der einfachste Weg, jene Ersparnis von seelischem Aufwand zu bewerkstelligen, die Freud für lustig hielt?
Wer’s wüßte; wie ich auch nicht weiß, ob man es einer Biographie vorwerfen soll, formal soviel uninteressanter als ihr Gegenstand zu sein. Laut Mittermayer hat sich Bernhard bspw. sein Lebtag mit der Welt »auseinandergesetzt«, ja sogar »zunehmend auseinandergesetzt«, und mir will scheinen, hier verstelle wieder einmal die Phrase eine Wahrheit, die in der Formulierung erst zu finden wäre. Und das in einem Buch über Bernhard; Klaus Kinski hätte vermutlich geschossen.