Humorkritik | März 2016

März 2016

»Das Lachen ist der Regenbogen, / der dunklem Grund des Sturmes entsteigt.«
Anastasius Grün

Altersschwäche

Irgendwann erwischt es sie alle, oder zumindest meiner langen Erfahrung nach viel zu viele, nicht selten die besten Komiker: Irgendwann haben sie die Witzsuche satt, haben die Lust an der Komik in der professionellen Produktion verloren, werden sie alt, fürchten den Tod und wollen etwas weniger Flüchtiges schaffen als Lachanlässe; zeigen, daß sie die besseren Dramatiker sind als die, die auf die vermeintlich niederen Spaßmacher herabblicken. Und jetzt ist es wohl auch Louis C.K. so ergangen, dem interessantesten US-Comedian der letzten Jahre. Die trotz aller An- und Ausflüge ins ernste Fach noch immer hochkomische Serie »Louie« hat er vorerst auf die Wartebank gesetzt, um lieber mit »Horace & Pete« eine Art Anti-»Cheers« zu produzieren; eine Serie zwischen allen traditionellen Formaten, die die Tristesse einer traditionsreichen Säuferkneipe abbildet – als Tristesse.

Es ist Louis C.K. sicherlich zu gönnen, daß er es sich leisten kann, ein exzentrisches Projekt selbstbestimmt zu produzieren und über seine Website zu vertreiben – und dafür Darsteller wie Steve Buscemi, Alan Alda, Edie Falco und Jessica Lange gewinnen zu können. Aber das, was dabei rausgekommen ist, funktioniert weder als Sitcom noch als Parodie noch wirklich als das gefilmte, halb improvisierte Theater, das es wohl sein möchte. Außer vereinzelten Einfällen C.K.scher Kraft (der besonders unangenehme, von Alda bestens gegebene alte Drecksack hinter der Theke verteidigt sich gegen den Vorwurf, ein Rassist zu sein: »Racist is what you do, not what you say … We served coloreds here in the ’30s … I got a picture of a nigger sittin’ right there in that stool in 1930. You look at that and call me a racist. My father … used to say, ›If niggers drink beer, then we’re all niggers!‹«) und ein paar sehr launigen Thekendialogen gastierender Komikerkollegen (darunter der wunderbare Steven Wright) hinterläßt »Horace & Pete« vor allem den Eindruck, daß sich hier einer zum großen amerikanischen Chronisten aufschwingen will, sich aber dabei mit jeder Menge schwermütiger, artifiziell dramatischer Wendungen überhebt. Da schaue ich mir lieber noch einmal Louis C.K.s letztes Stand-up-Special »Live at the Comedy Store« an. Dafür verlangt er, wie für die Pilotfolge von »Horace & Pete« auch, fünf Dollar. Und dort sind sie wesentlich besser investiert.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg