Humorkritik | März 2016
März 2016
»Das Lachen ist der Regenbogen, / der dunklem Grund des Sturmes entsteigt.«
Anastasius Grün

Knietief im Konjunktief
Ein verhaltensgestörter Pfau sieht blau und rastet aus. Kurz darauf ist er verschwunden. Dies ist der Ausgangspunkt des soeben erschienenen Romans »Der Pfau« (Kiepenheuer & Witsch) der in Hamburg lebenden Schriftstellerin Isabel Bogdan.
Von diesem Werk behauptet laut Verlagswerbung die Jury des »Hamburger Förderpreises für Literatur«: »Isabel Bogdan hat einen Reigen von unvergeßlichen Figuren geschaffen, die an John Cleese und sein wunderbares Hotel ›Fawlty Towers‹ erinnern. Und ihr gelingt eine Ironie durch stilistische Verknappung, die den Vergleich mit Autoren wie Alan Bennett nicht zu scheuen braucht.«
Davon ist kein Wort wahr.
Eventuell ist der Jury des Hamburger Förderpreises entgangen, daß dieser harmlos nette, in Maßen humorvolle Unterhaltungsroman nicht einen einzigen Satz in direkter Rede, kein gesprochenes Wort, keinen Dialog oder Wortwechsel enthält, sondern sich in endlosen Konjunktiv-Formulierungen durch ein verschneites Wochenende auf dem schottischen Lande quält. Bei den »unvergeßlichen Figuren« handelt es sich um eine kleine Runde verklemmter Banker auf einem »Team-Building-Meeting«, die, anfangs unfroh, später heiter, mit den Widrigkeiten winterlichen Landlebens umzugehen lernt und schließlich in harmonischer Runde statt einer Gans nichtsahnend den längst heimlich vom Hausherrn erschossenen Pfau verspeist.
Und alle miteinander läßt die Autorin reden, als ob sie die Sprache verloren hätten: »Jim sagte, er habe keine Angst vor Schnee, finde es schön hier, könne aber auch nach Hause fahren … Alle versicherten einander, daß das mit dem Schnee so schlimm schon nicht werden würde. Andererseits lebe der Lord schon länger hier und wisse vermutlich, wovon er spräche.«
O sprächen sie doch ein einziges Wort! Aber nein, so dröge geht das knietief im Konjunktief knappe 250 Seiten lang.
»Fawlty Towers«? Wie rasant und direkt die handelnden TV-Personen sich da schnelle Frechheiten an den Kopf werfen, sich zynische Wortgefechte und einen boshaften Dialog nach dem anderen liefern, das sollte man besser nicht vergleichen. Don’t mention the war! And don’t mention John Cleese, Hamburger Jury! Und auch den Vergleich mit Alan Bennett sollte sie durchaus scheuen. God save the reading Queen! Von wegen »stilistische Verknappung«: Im »Pfau« ist das geheime Wissen einer jeden Figur von solch harmloser Belanglosigkeit und steigert sich zum Schluß hin zu so gänzlich unironischen Redundanzschleifen, daß man doch endlich »Witz, komm raus!« rufen möchte.
Kein Vorwurf an die Autorin: Sie hat es so gewollt und schreibt auch nett und herzenswarm über gutes Essen. Die Jury des Hamburger Förderpreises aber sollte keine falschen Fährten legen und sich zum Python scheren.