Humorkritik | Mai 2014

Mai 2014

MSF

Es gibt, nach dem absehbaren Flop, den sich Michael Herbig mit »Buddy« geleistet hat, nur noch zwei deutsche Filmemacher, die Erfolg versprechen. Das Rezept für Til-Schweiger-Filme (TSF) habe ich schon verraten (siehe TITANIC 05/11). Matthias-Schweighöfer-Filme – bisher gibt es drei solcher MSF, die MS als Hauptdarsteller, Regisseur und Produzent zu verantworten hat – unterscheiden sich von TSF nicht wesentlich. Beider Regie orientiert sich stilistisch an amerikanischen Vorbildern, romantic comedies mit viel Musik und zu vielen Collagen, an glatter Werbeästhetik und an familientauglichen Wertvorstellungen.

Der Held eines MSF ist allerdings kein Arschloch. MS würde man das, ganz im Gegensatz zu TS, auch nicht abnehmen, er ist ohnehin ein braver Gesell und bessert sich sogar noch im Verlauf des Films. Und der Weg zu dieser Besserung ist nie besonders lang: Bei »What a Man« (2011) muß sich der Softie nur zu etwas mehr Männlichkeit bekennen, als »Schlußmacher« (2013) zu ewiger Liebe und für »Vaterfreuden« (2014) zu seinem Fortpflanzungstrieb. Größere Hindernisse gibt es nicht; auf den rechten Weg gebracht wird MS – anders als TS – nicht allein von weiblichen Wesen, er hat in allen drei Filmen auch männliche Leitbilder, was MSF auch für ein jüngeres männliches Publikum attraktiv machen soll. Schließlich wäre man mit der MS-Figur lieber befreundet als mit dem Typen, den TS verkörpert: MS wirbt um Sympathie, TS findet sich selbst unwiderstehlich.

MSF haben einen anderen Fehler, der im vorläufig letzten Beispiel, »Vaterfreuden«, sehr schön deutlich wird. Dessen erster Akt könnte sich zu einer Komödie mit beachtlichem Tempo und hinreichender Gagdichte entwickeln; im zweiten Akt tauchen dann Langweiler auf, die mit den munteren Figuren des ersten nur mehr die Namen gemein haben. Und um Akt drei zu überstehen, muß man schon MS-Hardcore-Fan sein – denn was hier an Weisheiten abgesondert wird, liest man sonst allenfalls in Lebenshilfefibeln, wie sie heutzutage immer häufiger in Hotelzimmern dort ausliegen, wo früher die Bibel ihren angestammten Platz hatte. Mit anderen Worten: MS wird sich möglichst bald entscheiden müssen, ob er komisch oder peinlich wirken möchte.

Ich hoffe nur, daß der salbadernde Hobby-Scientologe, der in MS stecken dürfte, nicht endgültig die Oberhand gewinnt. Denn als frei operierenden Thetan möchte ich Schweighöfer nun doch nicht enden sehen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann
08.05.2024 Wiesbaden, Schlachthof Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella