Humorkritik | Mai 2014
Mai 2014
Ein Fischer namens Wanderhure
Großer Schweineverlag verklagt frechen Jungsatiriker: Das war die mediale Kurzbeschreibung der Auseinandersetzung zwischen Droemer Knaur (»Die Wanderhure«, »Das Vermächtnis der Wanderhure«, »Die Tochter der Wanderhure«, insgesamt 10 Trilliarden verkaufte Exemplare) und dem 29jährigen Julius Fischer (»Die schönsten Wanderwege der Wanderhure. Kein historischer Roman«). Genau besehen, ist die Sache differenzierter: Zum einen dürfte Fischers Verlag Voland & Quist inzwischen ebenfalls ganz nette Erfolge feiern, veröffentlicht doch dort auch Ullsteins Känguruh-Starautor Marc-Uwe Kling (siehe TITANIC 04/14); zum anderen läßt sich Julius Fischer erst seit der Klage als Satiriker bezeichnen und sein Buch als Satirebuch – es macht sich halt besser im ironisch geschriebenen Gastbeitrag für die Zeit. Im Klappentext der »Wanderwege« firmiert Fischer hingegen noch schlicht als Poetry-Slammer und Lesebühnenautor. Und so empfand ich auch das Buch (das ich ansonsten in keiner relevanten Zeitung rezensiert fand): als die übliche flockig-belanglose Vorleseprosa, gesättigt mit Schwermut und anbiedernder Nostalgie nach der kaum zehn Jahre zurückliegenden Pubertät, garniert mit sächsischen Dialektdialogen und höchst vereinzelten netten Witzen. Doch ich will hier mal aus Prinzip ein Auge zudrücken. Zu unangenehm ist mir noch das geschmäcklerische Gespreize deutscher Feuilletonisten in Erinnerung, die 2012 in der einstweiligen Verfügung des Papstes gegen mein Publikationsorgan TITANIC so gar keinen Skandal erkennen mochten und lieber über den »schlechten Geschmack« des Magazins das Näslein rümpften. Und ein Skandal ist zweifellos auch das Dampfwalzenverhalten von Droemer Knaur. Weshalb ich dringend zum Kauf der »satirischen« Bücher des »Satirikers« Julius Fischer aufrufe. Und sei es nur aus Solidarität.