Humorkritik | August 2014

August 2014

Be Borderline

Wenn die unter Pseudonym schreibende Autorin Laura E. wirklich alles erlebt hat, was sie in »Berlin Borderline« beschreibt, dann muß sie wie eine Katze mindestens sieben Leben haben – von denen sie allerdings auch geschätzte fünf schon hinter sich hat. Laura erzählt ihre Lebensgeschichte als Kind bürgerlicher Eltern, das im gutsituierten Berliner Westen aufwächst. Der Vater ist irgendwann weg, die Mutter emotional abwesend, und Laura sucht den Kick in Alkohol und Drogen. An ihrem fünfzehnten Geburtstag gibt es von ihrer Mutter als Geschenk einen Kampf bis aufs Messer, der sie in Jugendgewahrsam bringt – danach betreutes Wohnen, Suizidversuch, und immer wieder die Flucht in Drinks, Sex, Kiffen, Drogen aller Art. Irgendwann lungert sie als Wiedergängerin von Christiane F. am Bahnhof Zoo herum und nimmt das Geständnis eines Freundes entgegen, er habe gerade einen Menschen umgebracht.

Falls Sie sich an dieser Stelle fragen, was eine Höllenfahrt wie »Berlin Borderline« in meiner Rubrik verloren hat, so sei Ihnen versichert, daß all die quälenden Exzesse mit einer Selbstironie und einer Nonchalance erzählt werden und eben, ja, auch mit einer dunklen Art von Humor, ohne die man all das Erzählte wahrscheinlich gar nicht aushalten kann: »Manisch-depressiv! Das klang wie eine mythische Zauberformel, mit der man die unendliche Coolness erreichen konnte. Manisch-depressiv. Das wollte ich auch werden.« Oder, wenn sie, von einem nächtlichen Angreifer halb erwürgt, zwei Polizisten um Hilfe bittet, die in ihrem Wagen sitzen und an einer roten Ampel warten: »Ich hatte etliche blaue Flecken und Schürfwunden im Gesicht und am Hals. Die beiden Polizisten in dem Wagen sahen mich an. Und fuhren los. Natürlich erst, als es grün wurde. Sie waren schließlich Polizisten.«

Auf Wunsch der Autorin gab es vor Veröffentlichung dieses nur als E-Book erhältlichen Werks übrigens kein Lektorat, was den hingerotzten Stil unterstützt. Wer weiß: Vielleicht ist in Zeiten, in denen man sehr vielen Büchern das Lektorat ohnehin nicht anmerkt, dieser Weg des Verzichts der konsequenteste.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
11.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
12.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
15.12.2023 Oelde, Haus Nottbeck Heiko Werning & Brauseboys
18.12.2023 Frankfurt, Mousonturm Max Goldt