Humorkritik | August 2007

August 2007

Serielle Urlaubserinnerungen

Eine Sammlung von rund achttausend Dias hat der Bremer Künstler Jub Mönster vor einigen Jahren gefunden; achttausend Dias, aus denen er nun 45 ausgewählt, arrangiert und mit einem Vorwort von Robert Gernhardt versehen als Katalog mit dem Titel »Vagabunden« herausgegeben hat.

 

Was aber ist so komisch, ja zuweilen grotesk anrührend an dieser Fotografie-Sammlung? Nun, erst mal sind es gewöhnliche Urlaubsfotos eines namenlosen Rentner-Ehepaars aus den sechziger Jahren. Nicht sehr komisch. Daß auf jedem Foto einer der beiden vor wechselndem Hintergrund posiert und so immer wieder unter Beweis stellen möchte, höchstselbst vor Ort gewesen zu sein: schon eher komisch, aber nicht zum Lachen. Dann aber – erst schleichend, doch schnell schon kräftig saugend – kriegt sie einen, die von Bildpaar zu Bildpaar immer verblüffendere, immer strenger werdende Serialität, mit der die beiden Zausel da operierten. Denn nicht nur ähneln sich die Bilder, wie Urlaubsbilder es häufig tun, im Aufbau (Halbtotale, Normalsicht, Menschen vor Landschaft blicken in die Kamera), sondern sie gleichen sich bis ins Detail, denn die beiden haben jedes Foto beinah identisch zwei Mal geschossen – einmal steht sie ihm Modell, einmal er ihr. Sie am Strand, er am Strand; sie beim Frühstück, er beim Frühstück; sie auf dem Berggipfel, er auf dem Berggipfel.

 


 

Je länger man sich in die 22 Fotopaare vertieft, desto deutlicher wird: Das sind gar keine Urlaubsschnappschüsse, nein, das ist Kunst! Große Kunst, Konzeptkunst, serielle Kunst, ja: große serielle Konzeptkunst! Denn die Bilder ähneln sich ja nun keineswegs zufällig, sondern höchst absichtsvoll. Und sie erzählen in Mönsters Zusammenstellung sogar noch eine Geschichte: nämlich die von immer weiteren Ferienreisen, vom Urlaub im werweiß Schwarzwald (sie auf einem Stapel Baumstämme, er auf einem Stapel Baumstämme) über eine Reise in die Alpen (sie auf dem Gipfel, er auf dem Gipfel), später ans Meer, in den Süden (sie vor Palmen, er vor Palmen), schließlich bis in Wüstengegenden; auf den letzten Bildern sind beide von vielen Sonnentagen tief braungebrannt.

 


 

Mit einem einzelnen Bild endet die Serie: Aus dem Sesselliftsessel heraus fotografiert (vermutlich) er (vermutlich) sie zwei Sitze weiter vorne, vom Betrachter weg bergan strebend, ein Abschied und ein Aufbruch zu neuen Abenteuern. Gute Reise, möchte man den beiden zurufen, und: Bringt Bilder für den nächsten Diaabend mit!

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella