Inhalt der Printausgabe

März 2006


Humorkritik
(Seite 4 von 9)

Ein bißchen Mozart
Der Verleger Nikolaus Simrock pflegte einst sein Haupt zu entblößen, wenn der Name Mozart in seiner Gegenwart genannt wurde. Hans Würtz, der führende Behindertenpädagoge der zwanziger Jahre, von dem das schöne Büchlein »Goethe im Spiegel der Krüppelpsychologie« stammt, nannte ihn den »ewig heiteren Rachitiker«. Der Theologe Karl Barth vermutete, daß die Engel, wenn sie unter sich sind, Mozart spielen, und daß ihnen der liebe Gott dann auch noch besonders gut zuhöre; der, wie Hildesheimer wiederum feststellte, seinerseits nichts für Mozart getan hat. Als Tom Lehrer 37 Jahre alt war, sagte er über Mozart: »Solche Leute machen einem klar, wie wenig man selbst geschaffen hat. Es ist doch zum Beispiel eine ernüchternde Tatsache, daß Mozart in meinem Alter schon zwei Jahre tot war.« Na, und so weiter.
Mozart hatte einst mit Kaisern zu tun. Und auch wir alle können in diesem Jahr dem Kaiser nicht entgehen. In einem Buch mit dem Titel »Die besten elf Fußballstars« von Roderich Menzel aus dem Jahre 1973 habe ich auf Seite 18 folgendes Zitat gefunden: »Wer allerdings etwas von Sport und Musik versteht, nennt Franz Beckenbauer den ›Mozart des Fußballspiels‹. So flüssig und vollendet, so harmonisch geht der Beckenbauer mit dem Ball um – man kann dabei wirklich an ein Klavierkonzert in C-Dur denken.« Dabei, so Menzel, schwärme der Franz aber für Franz, nämlich Lehár. Das scheint mir angemessen, gerade im sogenannten Mozart-Jahr.
In dem 1956 erschienenen Buch »Zweihundert Jahre Liebe zu Mozart« heißt es: »Bedauert endlich nicht mehr dieses kurze Erdenleben seiner Person von 36 Jahren! Redet nicht immer wieder vom Armengrab, in das er 1791 gelegt wurde! Schreibt keine Abhandlungen mehr über Mozarts Schädel; ob er uns erhalten ist, ob nicht; wenn ja, ob echt oder unecht! Besitzen wir denn nicht jederzeit lebendig, was in diesem göttlichen Schädel enthalten war? Weint nicht immer wieder Krokodilstränen beim Lesen schlechter Mozartromane, die sein Leben marlittartig verfälschen, alle ein falsches Bild seiner Person geben und nur für Unmusikalische erschütternd sind! Beklagt nicht immer wieder seinen frühen Tod, um dann die völlig törichte rhetorische Frage zu stellen: Was hätte dieser Mann noch geschaffen, wenn er länger gelebt hätte? Genügt euch denn immer noch nicht ein Lebenswerk, das mit dem Requiem (Köchelverzeichnis Nr. 626!) schließt?« Solcherlei Fragen könnte man eventuell wieder fragen. Aber es nützt ja nichts.
Ein Mann, der sich mit Lust in das Mysterienspiel Mozart versenkt, ist der Pianist Alfred Brendel. Manche wissen vielleicht nicht, daß Brendel auch ein Schreiber von Gedichten ist. In »Spiegelbild und schwarzer Spuk« (Hanser-Verlag, 2003) nimmt er sich der Giftmord-These im Falle Mozart an. Der Russe Puschkin hat bekanntlich die Salieri-Sache zuerst in die Literatur gebracht, sein letzter größerer Ableger war Peter Shaffers »Amadeus«. Dazwischen liegt die obszöne Mathilde Ludendorff. Brendel tritt bündig den Beweis dafür an, daß Antonio Salieri es nicht gewesen ist. Der mag dem Mozart neidisch gewesen sein, aber vergiftet hat er ihn nicht. Der wahre Täter war nämlich – Ludwig van Beethoven. Wer hätte das gedacht!
Es freute mich, dies lesen zu dürfen, umso mehr, als meine eigenen Forschungen und Überlegungen stets in eine ähnliche Richtung gingen. Brendel hat zudem herausgefunden, daß Beethoven auch Neger war. Jawohl, Neger! Als solcher spitzte er allzeit die Ohren und hörte, wie Mozart zu Lebzeiten nach einem Klaviervortrag Beethovens zu Süßmayr sagte: »Für an Nega spülta netamoi schlecht.« Das konnte das eifersuchtsvergiftete Negerle Beethoven nicht hinnehmen, der Meuchelmord war nicht aufzuhalten – immer wieder traurig zu sehen, wie tief Menschen sinken können.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick