Inhalt der Printausgabe

März 2004


Humorkritik
(Seite 3 von 9)

Dublin Blues

Daß es der Berliner tageszeitung nicht ganz so schlecht gehen kann, wie ihre Abo-Jammerei gerne tut, mag man daran erkennen, daß sie sich noch immer einen Irland-Beauftragten vor Ort leisten kann. Dieser heißt seit Menschengedenken Ralf Sotscheck, und jeden Montag freue ich mich schon wie Bolle, auf der meistgelesenen Seite der taz, nämlich der letzten und "Wahrheit" genannten, eine Sotscheck-Kolumne lesen zu können.
Sotscheck lebt in einem kleinen Land, das sich von Großbritannien hauptsächlich durch den Haß auf dasselbe unterscheidet, in dem der Premierminister nicht Premierminister genannt wird, sondern "Häuptling" ("Taoiseach"), und die Regierungspartei auf den Namen "Soldaten des Schicksals" hört: "Fianna Fáil". Da man aber niemandem zumuten kann, alle Montags-tazzen zu sammeln, hat Sotscheck die Kolumnen zwischen Buchdeckel binden lassen, auf deren vorderem ein gut gefülltes dunkles Pint das Betrachterauge wohlig anfeuchtet.
Die Lektüre ist äußerst lehrreich. Der Korrespondent verrät, warum man in Irland keinen Bart tragen sollte (weil eine wissenschaftliche Untersuchung im Auftrag der Guinness-Brauerei ergeben hat, daß jährlich 162719 Pints in Schnurrbärten hängenbleiben und ungenutzt verdunsten), warum es in Dublin mittlerweile Mietsärge gibt (weil man vom Ersparten Bier kaufen kann) und warum der Häuptling "jetzt wieder häufiger" bei Sotscheck klingelte (weil Wahlen anstanden und Sotscheck im Wahlkreis des "Taoiseach" wohnt). Auch berichtet er kundig und ohne zu beschönigen von Kellnern, die aufgrund überraschender Volltrunkenheit weibliche Gäste in Brand setzen, und von Tim, dem Dachdecker, der nach einer Begräbnis-Zecherei eines Morgens völlig durchnäßt in einem Straßengraben aufgefunden wurde. Wie seine Thekenkollegen, die er sofort nach dem Aufstehen wieder aufsuchte, schließlich rekonstruierten, warum und an welcher Stelle Tim des Nachts sein Auto ins Meer gefahren hatte, das sollten Sie bei einem gut gefüllten Kanister Guinness am besten selbst nachlesen: "Dublin Blues" ist gerade im Rotbuch-Verlag erschienen.



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner
01.05.2024 Berlin, 1.-Mai-Fest der PARTEI Martin Sonneborn mit Sibylle Berg