Inhalt der Printausgabe

Juli 2003


Leo, wir waren in Deinem Dorf!

(Seite 9 von 9)

 
"Und wer ist eigentlich der Mann im Spiegel?"
"Manche behaupten, Leo Kirch habe im Ausland billige Sendungen wie ›La strada‹, ›Tagesschau‹ und ›Pumuckl‹ aufgekauft, um sie für das Doppelte weiterzuverkaufen. Finden Sie das moralisch in Ordnung?" "Naa, in Oddnung find ich des ned!"

Auf unser energisches Klopfen öffnet uns eine eulenartige 70jährige im obligatorischen ärmellosen Dorfkittel und fragt mißtrauisch, ob sie uns wirklich trauen könne. Fast ein wenig beleidigt geben wir uns als Freunde zu erkennen, indem wir demonstrativ auf unsere T-Shirts mit dem Aufdruck "Kirch-Gruppe" verweisen. Nach kurzer, scharfer Musterung werden wir dann hereinbefohlen, in eine vertäfelte Weinstube geführt und Valentin vorgestellt, Ex-Mogul Leos Schulfreund, einem nicht ganz unsympathischen Galgengesicht, das man in dieser Ausprägung eher in Sizilien erwarten würde. Unser Schulzeugnis liegt noch keine drei Minuten auf dem Tisch, da zückt die Eule bereits eine Lupe und beginnt Sekunden später lauthals zu lamentieren: "A Fälschung! A Fälschung, do wor doch der Bleidegeier, der Hitlerschdembl drauf früher! A Fälschung, die wolln an Leo schlechd moch, der war doch a viel besserer Schülä…" Wir räumen ein, daß wir das auch gleich vermutet hätten, und um die Situation etwas zu entspannen, ziehen wir einen Stapel der bewährten Fotos hervor. Während Valentin erstaunlich ruhig bleibt und ein paar interessierte Blicke auf die Damen im Bild riskiert, beginnt seine Frau, laut zu kreischen: "Dregg! Olles Bedrücherei! Dreggiger gehd's ja ned! Unerhörd, des is ned der Leo, der hodd a ganz annere Frisur!" Die letzte Behauptung macht uns etwas stutzig: Sollten etwa die Kirch-Bilder, die wir ganz normal bei der Deutschen Presseagentur gekauft haben, billige Fälschungen sein? Ist vielleicht ein Doppelgänger von Kirch mit einer ganz anderen Frisur im Umlauf? In nervtötender Lautstärke geht das Lamento weiter: "Wer sin nern die zwai Männer om Bedd? Wos moch' die ner do? Dregg!" "Vielleicht ist wirklich eine Fälschung unter den Beweisfotos. Bitte kontrollieren Sie mal alle Bilder und zeigen Sie die auch Ihren Nachbarn! Wir lassen Ihnen mal den ganzen Stapel da und müssen auch jetzt wieder gehen. Alles Gute, wir finden schon raus…"

 
"A Fälschung! Do wor doch der Hitlerschdembl drauf früher!"

Als wir das Weingut verlassen, werden wir von einigen Fahrern mit recht merkwürdigen Blicken bedacht. Weil auch die Polizei eine K-Gruppe bereits mit Fragen nach den Kirch-Fotomontagen belästigt, die wohl irgendwie am Rathaus aufgetaucht sind, beschließen wir, Fahr jetzt besser wieder zu verlassen. Aber natürlich nicht, ohne auf dem Rückweg Schorsch, dem Fährmann noch ein paar Kirch-Bilder in die Hand zu drücken: "Höhöhö! Die zaich ich heud Ohmd dem Kirch-Enkel. Der muß hier vorbei, höhöhö!"

"Leo Kirch soll stockbesoffen in einem Massagesalon (Puff) ausgerufen haben: ›Die scheiß Schwulen nehmen uns die ganzen Weiber weg!‹ Glauben Sie, daß er das auch nüchtern gesagt hätte?" "Naa, der muß bedrungn gwen sein!"

Daß am nächsten Tag das Scheitern der Verhandlungen zwischen der Kirch-Gruppe und dem potentiellen Käufer Haim Saban bekannt gegeben wird, hat mit unserer kleinen Rufmord-Kampagne doch wohl nichts zu tun. Oder?

 
"Höhöhöhö!"
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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg