Inhalt der Printausgabe

Juli 2003


Leo, wir waren in Deinem Dorf!

(Seite 4 von 9)

Team 2:
Gsella / Rürup / Werner


 
Fahrerin mit Beifahrer

Strategisch so geschickt liegt die Weinprobierstubb' der Eheleute Heinz Braun am westlichen Ortsrand von Fahr, daß Kirch-Gruppe 2, bestehend aus den "Herren" Martina Werner, Stephan Rürup und Thomas Gsella, augenblicks hineingezogen wird und im kühlen Schatten fröhlich Platz nimmt: "Drei Helle bitte!" Der Rest ist schnell erzählt:
Die Uhr zeigt vorerst zehn nach drei und 50 Grad, fern ist die Heimat, leer der Kopf, zudem hört Gsella grade auf zu rauchen, kurz: bald weiß schon längst niemand mehr, warum er hier in Fahr sitzt, Biere vier bis neun verzehrt und später alles, wirklich alles falsch macht. Anstatt den Leumund des Ex-Medien-Scheichs nach Kräften zu versauen, poliert Kirch-Gruppe 2 nach Kräften auf. "Die Kampagnen gegen Kirch", bedauert weinend fast die Werner, "gehen ja ziemlich unter die Gürtellinie. Stimmt es, daß Leo schon als Kind Fahrräder gestohlen hat?" Fragt die Berufslaszive und schaut die kellnernde Frau Braun ermunternd an.
"Naa."
"Gell", bestätigt Rürup. "Welches Kind klaut schon Fahrräder." "Du sagst es. Aber sagen Sie", sagt Gsella mit dem Blick des Fachmanns, "wann ist es denn soweit? Was wird es denn?" Der Bauch Frau Brauns ist viel zu dick. "Donnersdoch", strahlt sie. "A Froochzeichn!" "Waaas?" fragt Rürup.
"Sie meint, sie weiß nicht, was es wird", erklärt Kollegin Werner. "Na, hoffentlich ein Fahrer, hähähä!" Gsella ist schlichtweg in Superform "Sie… können diesen Leo also leiden?"
Frau Braun sagt nix mehr: "I soch nix mehr. Früher, wie des hier alles ogfanga hod, sin' dauernd Journalisdn komm, die wolldn auf die unmöchlichste Ord was rausgrieng, da sooch i nix mehr. Leo ist nedd, a absoluder Voderdübb, i bin a weng mit ihm verwandt."
Minuten später, wir stehen abschiednehmend auf dem Weinstubb-Hof und schauen, wie Frau Braun ein Plastikschwimmbassin aufpumpt, ziseliert's Frau Brauns Herr Braun uns auseinander: "Leos Bruder Franz Kirch, also die Frau von Frau Kirch ist zu seiner Mudder die Schwesder." Nicht ungeschickt, denkt Rürup und sagt laut: "Deswegen hat Leo Kirch ja auch die Dorfkirche spendiert, das Sportheim, den Sportplatz…"
"Ja, scho", murrt Herr Braun. "Netze gibds, Driggos gab's a, aber dann ging's ned waider. Des gehd ner ned a so. Die homs eichndlich auf ihn bloß aufbaud, des ko mer doch ned machn, daß mer da so a Brojegd histellt, wo mer weiß, do is mer am Melken vo wem." Hier ist wahrlich nichts zu machen. Freundlich winkt uns das Ehepaar Braun noch nach, als wir beschwipst zum Auto laufen, ahnend, daß wir irgendwas grundfalsch machen. Aber was?

 
Fahrer im Gespräch
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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt