Inhalt der Printausgabe

Juli 2003


Leo, wir waren in Deinem Dorf!

(Seite 8 von 9)

 
"...a gaaanz annere Frisur!"
Leider ist für eine Pause noch keine Zeit. Denn bei einem investigativen Bier finden wir über geschickte Fangfragen heraus, daß die weißbekittelte Wirtinnenmutter Luise mit unserem Arbeitgeber Leo zusammen in der Dorfschule war! Mit Leo, dessen bestem Freund Valentin, dem das Weingut am Dorfrand gehöre, und all den anderen kleinen Schlingeln, vier Klassen in zwei Räumen: "Also für uns hodds g'reichd!"

"Man hört, Leo Kirch habe in den späten 50ern abgetrieben, weil er jung war und das Geld brauchte. Wofür mag er das Gebrauchtwagen?" "Heud tät er des nimmer mach', der hod ja jetz gnuch Geld!"

Bestechung habe der Leo damals aber gar nicht nötig gehabt, er sei der Klügste von allen gewesen, ein echtes Vorbild. Und auch heute noch ein korrekter Mann, wenn gefeiert werde, dann sei er stets da. Und Allerheiligen bei den Eltern am Grabe sowieso. Deshalb seien unsere Kirch-Bilder auch so merkwürdig: "Solchane Bilder gibd's einfach ned von ihm, ich könnds gor ned glaub!" Nun, wenn wir die Bilder nicht selbst gefälscht hätten, könnten wir das wahrscheinlich auch nicht. Auch das Dorfschulzeugnis des kleinen Leo von 1937, das wir zufällig dabei haben, wird heftigst angezweifelt: "›Mathemadik: schlecht‹, ›Religionslehre: schlimm‹? Des stimmd ned, der Leo wor immer der Beste! Und wer is ner Inge Peter, der Lehrer hieß doch gonz annersch. Und des dou is doch a Kinnerschrifd: ›Leo hat bei Hausaufgaben oder Klassenarbeiten mehrfach versucht, Mitschüler zu bestechen (mit Geld). Sein Charakter ist mangelhaft, man muß aufpassen, daß das nicht ins Auge geht!‹"
Wahrscheinlich würde es viel zu lange dauern, Luise zu erklären, daß Inge Peter Lehrerin an der Dorfschule in Westheim war und daß einer ihrer schlimmsten Schüler, Tom Hintner, heute beruflich mit dem Einscannen und Manipulieren von Dokumenten sein Geld verdient. Also verabschieden wir uns lieber und fragen, ob wir dem Leo noch was ausrichten sollen. "Ich wünsch ihm viel Gsundhaid und Glügg! Und ans Zweier-Baddelbood soll er deng'n, ich hob vorn dringsessn und er hindn…"

 
"Olso ich kenn kaine!"

Der etwa 45jährige Mann in Unterhemd, Shorts und Bart, der uns die nächste Tür öffnet, erweist sich als überzeugter Kirchgänger und etwas zurückhaltend uns gegenüber. Das ist eigentlich auch kein Wunder, schließlich ist er ein Groß-Cousin von Leo und will uns anfangs nicht einmal glauben, daß sein Onkel heimlich aus der Kirch' ausgetreten ist. Daß ausländische Billigfilme wie "Pumuckl" in Deutschland teuer weiterverkauft werden, findet er dagegen normal: "Der ist hald a Gschäfdsmann! Aber scho erschdaunlich, daß jemand aus so nichd-indellekduellen Kreisn derartich Karriere gemacht hat. Der Leo had ja immer noch a großes Priwadvermögn, des mid den Sendern nix zu dun hod!"

"Hat Ihnen niemand gesagt, daß Leo Kirch heimlich aus der Kirche ausgetreten ist?" "Naa, des hommer ned g'wißt!"

Während der Mann sich noch über das ganze Geld wundert, schiebt sich nicht ganz so unauffällig, wie er zu denken scheint, sein etwa 12jähriger Sohn so hinter uns, daß wir ihm ohne Schwierigkeiten besten Einblick in unsere Fotomappe gewähren können. Die Behauptung seines Vaters, das seien doch wohl Fotomontagen, irritiert den Jüngling nicht halb so sehr wie uns, und auf unsere Frage, ob eine Person auf den Bildern vielleicht dorfbekannt sei, antwortet der frühreife Bengel wie aus der Pistole geschossen: "Olso ich kenn kaine!" Damit er sich noch mal vergewissern kann, drücken wir ihm die Unterlagen in die Hand - "Ruf uns an, wenn dir doch noch etwas einfällt!" - und ziehen von dannen. Bzw. zu Valentin, dem alten und besten Schulfreund unseres Tycoons a.D.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
29.11.2023 Stuttgart, Theaterhaus Max Goldt
30.11.2023 Erfurt, Franz Mehlhose Max Goldt
30.11.2023 Friedrichsdorf, Forum Friedrichsdorf Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
01.12.2023 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer