Inhalt der Printausgabe
Juli 2002
"Asoziale Rattenfänger!" Wie TITANIC und FDP einmal gemeinsam in Thüringen einen antisemitischen Spaßwahlkampf führten (Seite 10 von 14) |
Ein zorniger Anrufer in der TA-Lokalredaktion hatte die Verwendung von Nazivokabular als "bösartigste Rattenfängerei" empfunden.
Thüringer Allgemeine, 6.6.02
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Langweilig wird uns trotzdem nicht. In die Lücke stößt eine resolute 80jährige Dame, elegant in Leder und hinter auffälliger Hornbrille mit Spiegel-Applikationen: "Also der Friedman muß sich entschuldigen bei Herr Möllemann. Der Mann hat hundertprozentig recht, ich hab zu der Zeit gelebt, ich hab das miterlebt!" Liberal fuchtelt die höchstens 1,60 Meter große Gestalt vor uns herum. Keine Frage auch, wer nach der Wahl Kanzler werden soll: "Der Möllemann, der hat sich endlich mal was getraut. Und die anderen haben unrecht, die müssen sich entschuldigen, die müssen sich zuerst entschuldigen! Fischer? Früher war er kriminell, heute will er unbedingt kritisieren. Der schöne Erich Mende, der wäre was gewesen, aber der ist ja nicht mehr. Aber Möllemann sieht auch nicht schlecht aus!" |
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80 Jahre und kein bißchen weise: Mende-Groupie mit Wahlkampfschnaps |
Heute unbedingt kritisieren will auch eine empörte Abiturientin im roten Top, also spricht sie Stefan Gärtner an, der sich gerade heimlich einen Eierlikör genehmigen will: "Was soll denn das heißen: ›Judenfrei und Spass dabei‹?" "Naja," windet sich der Neu-Liberale, während die Pgg. Nagel und Tietze in ihre Wahlkampfbroschüren hineingrinsen, "das ist, äh, ist das neue Profil der FDP, einerseits Spaßpartei, andererseits, daß man sich von Friedman nicht mehr dauernd erklären lassen möchte, was man darf und was nicht!" "Ja, aber dieses ›Judenfrei‹!" - "Ja, das ist so ein bißchen polarisierend, das geb' ich gerne zu." Energisch dreht die Schülerin ab: "Das glaub ich nicht!" Im Verein mit einer Gruppe angehender Ex-FDP-Wähler ("Sie wählen wir nicht mehr, damit ist jetzt Schluß!") verläßt sie aufgebracht den Ort des Geschehens. |
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