Inhalt der Printausgabe

August 2002


Humorkritik
(Seite 7 von 8)

Humormitbringsel

Fast jede noch so kleine Buchhandlung pflegt ein, meist tiefliegendes, verschämt verstecktes Regalbrett, wo der Humor seine Heimstatt hat. Wie auf einem kleinen Basar geht es da zu: Wilhelm Busch behauptet seinen Status als einziger deutscher Humorklassiker, den man schon wegen des Überformats der Busch-Bücher nicht bei Günther de Bruyn und Hermann Burger einsortieren kann, natürlich auch der unvermeidliche Ephraim Kishon, dazwischen allerhand abgehangene Schwarten. Grellbunt sind die Buchrücken, vielfältig die Formate. Nimm mich mit! schreit es von den Schutzumschlägen; wirf mich weg! suggeriert nicht selten der Inhalt. Vorletzte Ruhestätte für die in der letzten Saison liegengebliebenen lustigen Listen, Verschenk-Bändchen für alle Berufsguppen und mit Cartoons verzierte Pseudoratgeber für alle Lebenslagen. Humor ist, wenn man alles nicht gar so ernst nimmt, und es scheint, daß die Macher dieser Werke es mit ihrem Beruf auch nicht sonderlich ernst nehmen. So was macht man halt nebenher, meist wegen der schnellen Mark, des eiligen Euros, der damit gemacht ist.
Auch Rolf Dieckmann, ehemaliger Humor-Ressortleiter des Stern, seit 1996 selbständiger Humor-Agenturbetreiber, übt sich in dieser Kunst der Wegwerfschreiberei. Beispielsweise verkündet er in seinem bei Lappan erschienenen Humormitbringsel "Überleben nach der Trennung", einem "Ratgeber für frisch Geschiedene", Einsichten dieser Art: "Gratis bekommt er (derjenige, der sich an einen Partner bindet) nämlich die Freunde des Partners und, was viel schlimmer ist, auch die Familie des Partners mitgeliefert." Zwei Absätze weiter, noch auf derselben Seite: "Schlimmer aber noch als die miterworbene Verwandtschaft ist der ebenfalls gratis mitgelieferte Freundeskreis des neuen Partners." Welche Gratislieferung ist denn nun die schlimmere?
Ist aber auch alles nicht so wichtig. Wer liest schon diese Bücher? Man blättert sie so durch, überblättert so viele der Butschkow-Cartoons wie möglich, stolpert über so tolle Sachen wie eine "Liste", der zufolge für einen Single eine Mikrowelle "in" sei und die Heiratswelle dementsprechend "out", findet einen hochoriginellen Psychotest, und läßt sich vom Autor die Frage "Geht Ihr Partner fremd?" mit der Aufforderung "Kochen Sie ihm dafür ein schmackhaftes Pilzgericht!" beantworten. Schließlich stellt man den Band, weil man beim besten Willen niemanden kennt, dem man derartiges guten Gewissens schenken könnte, irgendwo in ein verstecktes Regal. Man könnte es natürlich kaufen und sofort dem Basar der Kirchengemeinde spenden. Das hätte allerdings einen Nachteil: Man bekäme es dort beim nächsten Rumstöbern sicher wieder zu Gesicht.



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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg