Inhalt der Printausgabe
August 2002
Humorkritik
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Nicht schlecht, halt so |
Nicht nur ich werde älter, auch - vor allem in diesen "schnellebigen" Zeiten - das Komische und was man darunter versteht und wie man's gestaltet. Aufschluß- und deshalb verdienstreich, vom verlegerisch-ökonomischen Standpunkt her nachgerade hasardeurhaft, ist in diesem Zusammenhang die vom Steidl-Verlag riskierte Wiederauflage von Gerold Späths 1970 erschienenem Debütroman "Unschlecht". Wenn sich dessen gleichnamiger Held im Selbstgespräch zuresümiert: "Du hast dich da auf etwas ganz Komisches eingelassen", so kann ich dem hinsichtlich der Lektüre nur beipflichten. Komisch im Sinne von durchaus lustig und erheiternd ist der Roman, weil er in der Tradition des Schelmenromans (und diesen gekonnt persiflierend) in barocker Fülle die Krähwinkel-Kommune Rapperswil hübsch boshaft auf die Bühne zerrt, voll abstruser Anekdoten, Figurenportraits und Gemeinheiten. Komisch im Sinne von rätselhaft-befremdlich, weil eben jenes breit und behäbig angelegte Erzählen so wundersam anachronistisch wirkt. So viel ziseliertes Fabulieren und kurvenreiches Annähern an Pointen, so viel epischen Atem und so viel Zeit bringen heute wenige Autoren auf. Und Sinn dafür noch viel weniger Leser. Und doch ist der Roman dann wieder recht modern, weil seine pikareske Hauptfigur nämlich obsiegt, indem sie die kraß gewinnorientierte Mentalität der Rapperswiler Bessergestellten zynisch und berechnend - wie man seinerzeit sagte: - "verinnerlicht" oder - wie's heute heißen würde - "toppt". Wenn Späths früher Held die Frage: "Und wie geht's immer so, Herr Unschlecht?" kalauernd beantwortet: "Nicht schlecht, halt so", kann ich mich ihm abermals, meinen Leseeindruck zusammenfassend, uneingeschränkt anschließen. |
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