Inhalt der Printausgabe

Januar 2001


Das Gerücht
Eine Entschuldigung von Bernd Eilert
(Seite 8 von 12)

Mittwoch, 8.11.2000
Genau eine Woche später ist mein Alptraum Wirklichkeit geworden. Und nicht bloß für die Leserinnen (und Leser) der Presseerzeugnisse Neue Post und neue woche. Denn beide Journale - offenbar wie magisch angezogen von dem Begriff Neue für Schröders nicht existente Freundin - fragen bereits auf dem Titel ganz dick: Doris und Gerhard Schröder: Alles aus? (neue woche) bzw.: Doris Schröder-Köpf: Wer will ihr Eheglück zerstören? (Neue Post) Auf die zweite Frage kann ich nur antworten: Ich doch nicht! Das habe ich bestimmt nie gewollt! Obwohl ich der Meinung bin, daß eine moderne Ehe den einen oder anderen Seitensprung schon vertragen müßte - und ich wüßte von keinem Seitensprung! Die beiden Frauenzeitschriften wissen allerdings auch nicht mehr: Neue, böse Gerüchte hat die neue woche gehört, schlimme Gerüchte die Neue Post, die auf dem Titelfoto der strahlenden Kanzlergattin listig noch einen Bericht über betrogene Frauen ankündigt: Die andere erwartet ein Kind von ihm.
Der Bericht über die andere erwartet uns jeweils auf den Seiten 4 und 5 und enthält absolut nichts Neues. Ausgerechnet während seiner Friedensmission im Nahen Osten gingen daheim die Heckenschützen in Stellung behauptet die Neue Post, um gleich darauf zuzugeben, daß ihr Ausgangspunkt anscheinend als Satire gedacht ist. Der Artikel in der Neuen Post ist offenbar nicht als Satire gedacht, obwohl ihn ein Satiriker kaum besser formulieren könnte: Zunächst zitiert er einige ehrliche Beteuerungen über das Image des dreifach geschiedenen Kanzlers als Frauenschwarm und Partylöwe aus alten Interviews mit seiner vierten Frau, die mit diesem Anlaß nicht das geringste zu tun haben, dann folgert er rasierwasserscharf: Doch trotz all dieser ehrlichen Beteuerungen wollen die Spekulationen über das Kanzlerehepaar offensichtlich nicht verstummen. Offensichtlich nicht, schon weil weder die Neue Post noch die neue woche das wollen können: Vor allem in Berlin fallen hinter vorgehaltener Hand immer wieder abfällige Bemerkungen…
Die hört man im Verlagsort Hamburg offenbar gern. Beckenbauer (München) hat solche abfälligen Bemerkungen wenigstens vor der hingehaltenen Hand gemacht: Gerüchte über Daum höre man schon seit Jahren immer wieder. Auch die neue woche wühlt routinemäßig in bemerkenswertem Abfall: Wer populär sein will, muß sich auch mal was gefallen lassen, geht sie scheinbar heckenschützenhaft in Stellung, nur um sich nach einer Aufzählung alter Fälle die selbstgestellte Frage: Ist wirklich alles aus zwischen dem Kanzler und seiner Frau? selbst zu beantworten: Natürlich nicht! Hier handelt es sich um Satire - hier, hier nicht: Ich betone noch einmal: Das ganze war nur Spaß! Ich bin doch nicht so gemein wie Uli Hoeneß! Oder doch?

Lindwurm_Eilert
Ganz besonders gemein ist das, weil sich Doris und Gerhard Schröder zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gemeinsam auf einer Nahost-Reise befanden, die politisch äußerst heikel war, findet auch die neue woche und endet bei Tochter Klara (9): Für Klaras Kinderseele ist so etwas besonders hart… Ich denke, nach Lektüre dieses Artikels kann selbst eine Neunjährige kinderseelenruhig sein: Nicht ein einziges Indiz deutet darauf hin, daß an der Ehe ihrer Eltern irgend etwas heikel sein könnte.
Ich muß zugeben, daß dieser Grad von Heuchelei mich leicht beeindruckt hat, und nicht ohne professionellen Respekt und persönliche Passion studiere ich weiter die scheinheiligen Schriften. Die Neue Post zeigt die kleine Klara nur im Bild und konzentriert sich ansonsten ganz auf Mutter Doris (37), die auch auf diesem Foto noch… lachende Miene zum bösen Spiel zeigte. Noch! Was im übrigen kein Wunder ist, da das Foto lange vor Beginn des bösen Spiels aufgenommen wurde. Jetzt aber, kurz nach ihrem dritten Hochzeitstag, sorgt sich die Neue Post schon mal vor: die Gefahr, daß sie dieser Belastung letztlich nicht gewachsen ist, erscheint jetzt so groß wie nie zuvor. Diese Erscheinung bringt die Neue Post zu der entscheidenden Frage: Wer die Heckenschützen sind?
Noch ist man auf Vermutungen angewiesen: Ob politische Gegner oder Neider aus dem privaten Umfeld… Nein, ich habe nichts gegen die Politik von Doris Schröder-Köpf und beneide ihren Gatten nicht um sie. Ich habe dieses Gerücht vollkommen selbstlos in die Welt gesetzt. Und wie es mit Gerüchten so ist - die Urheber bleiben lieber im Hintergrund - weil ihnen klar ist…, daß sich nichts beweisen läßt. Hier irrt die Neue Post. Zumindest das war zu beweisen.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

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Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg