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Happy Birthday, Marx‘ Kumpel!

Friedrich Engels, bekannt als Mitglied des Duos Marx und Engels, ist 200 Jahre alt geworden. Wegen Corona kann er leider nicht angemessen feiern. Aber weil er tot ist, ist ihm so was eh nicht mehr so wichtig. Doch wer war der Mann hinter dem Bart? TITANIC hat die wichtigsten Stationen in seinem Leben zusammengefasst. Ein Portrait.

Friedrich Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Engels wurde als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren. Obwohl ihm dadurch viele Möglichkeiten in die Wiege gelegt wurden, konnte doch niemand damit rechnen, dass er einst zum viertbekanntesten Bartträger der kommunistischen Bewegung werden würde. Schon als junger Mensch setzte sich Engels viel mit der Ungerechtigkeit des Systems auseinander: Er dachte viel über die Klassengesellschaft nach, las kritische Texte und schlug seine Haushälterin nur halbherzig, wenn sie einen Fehler machte. Diese Tendenzen wurden durch ein Erasmus in England verstärkt, dort war er gegen vieles, wogegen heute eigentlich fast alle sind, zum Beispiel Kinderarbeit. Dieses Phänomen heißt Fortschritt. Für seine Politisierung war auch seine Freundin Mary Burns sehr wichtig, von der man aber nicht so viel weiß, weil sie eine Frau war. Diese wurden erst letztes Jahr von der Geschichtsschreibung entdeckt: Bis 2019 glaubte man, dass Frauen im Zuge der 68er Bewegung aus einem Tomatenwurf entstanden sind. Engels hat übrigens Marys Schwester geheiratet, das ist doch mal interessant, aber so was lernt man wieder nicht in der Schule. Außerdem war Engels Journalist, was bis heute der Grund dafür ist, dass allen Journalisten unterstellt wird, kommunistische Tendenzen zu haben, auch wenn sie bei der Zeit arbeiten.

Engels ist aber nicht für sein interessantes Leben bekannt und leider auch nicht dafür, dass er die Schwester seiner Freundin geheiratet hat, sondern für ein mit Karl Marx verfasstes Buch, von dem alle immer behaupten, sie hätten es gelesen. Dabei hat das niemals jemand getan, nicht mal die Autoren selbst. Wenn Sie das nicht glauben, dann gehen Sie mal zu einem Marx-Engels-Lesekreis an der Uni, da flirten alle nur, während sie ihre Zigaretten selber drehen. Gemeinsam mit Marx entwickelte Engels die Lehre des Marxismus. Engels hatte den Namen Engelsmus vorgeschlagen, aber Marx wies berechtigterweise darauf hin, dass das wie eine Quittenmarmelade von Etsy klinge. Auch die Idee Engelsmarxismus lehnte er ab, da er es für unnötig hielt, Engels‘ Namen in den Begriff aufzunehmen. In einigen Jahrhunderten würde sich eh niemand mehr an ihn erinnern. Als Engels ihn auf das Konzept von Ursache und Wirkung hinwies, zog Karl Marx ihn einmal kräftig am Bart und erklärte die Diskussion damit für beendet. 

Karl Marx sollte Recht behalten. Also mit vielem, was Klassenkämpfe und Gesellschaftsentwicklung angeht. So hat er zum Beispiel die Plattform Etsy vorausgesagt. Mit seiner These, dass sich bald niemand mehr an Friedrich Engels erinnern würde, hatte er allerdings Unrecht. Ein Beweis dafür ist dieser Text. Aber auch im Feuilleton wird sich immer wieder mit Engels auseinandergesetzt. Da es sich beim Feuilleton um die bildungsbürgerlichste Zeitungsrubrik überhaupt hält, lässt sich hier von Ironie sprechen. Das Feuilleton steckt voller Gegensätze. Genau wie Friedrich Engels.  

Laura Brinkmann

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick