Humorkritik | April 2014

April 2014

Und Äktschn, Adolf!

Über den letzten Film von Gerhard Polt, »Und Äktschn!«, müßte man gar nicht weiter nachdenken – auch ich habe bisher vornehm darüber geschwiegen –, gäbe es da nicht zwei Vorgeschichten, die erhellend sein mögen. Die erste betrifft Polts Spielfilmkarriere, die nach einem sehr achtbaren Anfang (»Kehraus«, 1983) mit »Germanicus« (2004) ein Ende genommen hatte, das verdient schien. Denn mit »Germanicus« war ein Tiefpunkt erreicht, der wohl nicht nur auf die jahrelangen Streitereien mit dem Verleih Constantin zurückzuführen ist, sondern auch auf die Weigerung seines Hauptdarstellers, endlich einmal seine wahren Stärken zu zeigen. Polt ist nicht der einzige Komiker, der seine bewährte Bühnenfigur offensichtlich nicht für spielfilmtauglich hält. Und so läßt er immer wieder seine ureigenen Qualitäten liegen, die für mich in der Darstellung des genialischen Grantlers liegen und eben nicht in der freiwilligen Verharmlosung dieses ewigen Spießers zum kindisch unterbelichteten Sonderling; der mag zwar liebenswerter erscheinen, letztlich wird er aber auch rasch herzlich langweilig.

Die zweite Vorgeschichte ist kürzer: In einem Youtube-Video hatten Bremer Studenten einer Hitler-Rede statt des O-Tons das Polt-Solo »Leasingvertrag« weitgehend lippensynchron unterlegt – die Wirkung war erschreckend, die Komik unwiderstehlich.

Nun hat Gerhard Polt also einen Film gemacht, in dem ein Amateur das Privatleben Adolf Hitlers verfilmen will. Und es ist wieder schiefgegangen. Natürlich hätte der Film mehr Zuschauer verdient gehabt als »Germanicus«, doch daß ihn noch weniger Leute sehen wollten, hat Gründe. Ich will nur drei davon nennen. 1.: Polt spielt nicht Hitler. Nein, er spielt natürlich jenen harmlosen Sonderling, der Hitlers Privatleben verfilmt. 2.: Polt hat zuviel gewollt, und obwohl er offensichtlich vieles selbst bestimmen durfte, beschränkt er sich nicht auf das Wesentliche, sondern verzettelt sich in lokalpossenhafte Nebenhandlungen, die nur zur Verwässerung sowohl der Stil- wie der Realitätsebene führen. Und 3. hätte Hitler natürlich im Titel genannt werden müssen: Adolf sells.

Ich fände es trotzdem schade, wenn das nun wirklich das Ende von Polts Filmkarriere wäre. Ich würde sagen: Einer geht noch, Gerhard.

  

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Briefe an die Leser

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

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