Humorkritik | Juli 2007

Juli 2007

Seiner Heiligkeit sein Humor

Seitdem ich vor gut einem Jahr ­Manfred Geiers »Kleine Philosophie des ­Humors« würdigte (TITANIC 07/06), die trotz ­einiger Vorbehalte insgesamt doch recht kundig auslotet, »worüber kluge Menschen lachen«, beschäftigt mich die naheliegende Frage: Und all die anderen? Worüber lachen sie die ganze Zeit?

 

Zu diesem wahrlich enigmatischen Weltphänomen ist mir nun ein Büchlein zugespielt worden, ein krudes Kompendium, das einen nicht uninteressanten Spezialfall verhandelt: »Worüber der Papst lacht« – ein achtzigseitiges, in Großbuchstaben gedrucktes Erbauungsbuch, das im Untertitel »Anek­doten, Aperçus und Allerlei über Benedikt XVI.« verspricht und von sage und lese Maximilian Graf von Dürckheim nebst einer Esther von Krosigk kompiliert ist (VDM-Verlag). Und wer sich schon immer gefragt hat, in welche vatikanischen Katakomben sich unser Ratzinger Sepp zurückzieht, wenn er lacht – hier werden die düstersten Ahnungen vollkommen bestätigt.

 

Es handelt sich um ein Dokument kompromißlos katholischer Komik, hart an der Grenze zur göttlichen Einfalt: nämlich nicht nur garantiert witzfrei, sondern über weite Strecken auch bar jeden Sinns und Verstands, ja es würde wohl selbst in Altersheimen für Klosterschwestern kollektive Weinkrämpfe auslösen. Als Kracher sei nur die folgende Anekdote zitiert: »Als junger Student fiel der spätere Papst oft durch seine scherzhaften Wortspiele auf. Durch die Mensa schallte beinahe täglich sein ›Habemus Kartoffelmus‹.«

 

Nun könnte man natürlich Papst Ratzinger dahingehend verteidigen, er könne doch nichts dafür, wenn irgendwelche dahergelaufenen Apologeten ihm diese Witzworte anhängen. Doch die Herausgeber berufen sich im Vorwort darauf, das Zeugs stamme direkt von der »Familie Ratzinger« sowie »zahlreichen engen Freunden und Begleitern des Papstes«. Und der Befund wird auch von anderer Seite bestätigt.

 

Die Mittelbayerische Zeitung kolportierte im September vergangenen Jahres, als Ratzinger anläßlich seines Bayernbesuchs bei seinem Bruder in Regensburg zu Mittag aß, welch welterschütternden Witz dabei der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller erzählt habe – auch er eine große Frohnatur vor dem Herrn: »Ein Deutscher besucht die USA und berichtet danach, daß drüben alles größer, besser und toller sei. ›Die kennen dort sogar drei Geschlechter, nicht nur Mann und Frau, sondern Male, Female – und E-Mail.‹« Der Heilige Vater soll »sich sehr amüsiert haben, berichteten Teilnehmer hinterher«. Einfache niederbayerische Landpfarrer sollen ja hin und wieder noch in der Lage sein, einen halbwegs handfesten Witz zu erzählen. Doch beim höheren Klerus scheint Schluß mit lustig – da kann man nur auf ein gnädig gackerndes Hergottl hoffen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann
08.05.2024 Wiesbaden, Schlachthof Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella