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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Wir da oben

Immer mehr junge Menschen studieren, immer weniger wollen eine Lehre machen, und der Standort Deutschland ist besorgt: „Dem Wirtschaftsstandort droht nachhaltiger Schaden, wenn der Trend zur Akademisierung um jeden Preis nicht gestoppt wird“, hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag verlauten lassen, der sich bekanntlich traditionell aus Industriekaufleuten und Feinmechanikern zusammensetzt, und der ehemalige Kulturstaatsminister Nida-Rümelin, gelernter Friseur, schilt den „Akademisierungswahn“, denn der Laden falle nur dann nicht auseinander, „wenn die Mehrzahl eines Jahrgangs weiter in die berufliche Lehre geht, nicht eine kleine Minderheit“. Der unvermeidliche Klaus von Dohnanyi (SPD), Fliesenleger, ließ sich ebenfalls herab: „Ein handwerklicher Beruf ist kein Abstieg. Das müssen wir den Leuten wieder beibringen.“

Die Leute, denen die Herrschaft diese goldene Wahrheit wieder beibügeln will, sind freilich nicht unsere Anwälte, Ärzte, Journalisten oder Lehrer; es ist der Pöbel, der seit den sozialliberalen Bildungsreformen seine Brut immer nachdrücklicher aufs Gymnasium und die Universitäten jagt und damit alles durcheinanderbringt. „Akademisierungswahn“ heißt nämlich nicht, daß zu viele Trottel die Universitäten verstopfen, sondern daß zu viele Trottel aus den falschen Stadtvierteln die Universitäten verstopfen, weil die Proleten nämlich gemerkt haben, daß von sinkenden Reallöhnen und Minijob eher die Leute ohne Diplom betroffen sind als jene mit, daß niemand ohne Studium in diesem Land auch nur irgendwas zu sagen hat und daß, kurz, die bedeutsamste Frage in der Zweiklassengesellschaft die nach der Hochschulreife ist. Und natürlich läßt sich als Handwerksmeister gutes Geld verdienen, sicher sogar mehr denn als Dauerpraktikant mit Medienmaster! Spricht die Bürgermutti und fährt den Sohn zur Lateinnachhilfe, weil Handwerk zwar goldenen Boden haben mag, der eigene Nachwuchs sich aber, bitte sehr, nicht die Hände schmutzig machen soll; und schließlich ja auch nur Freunde aus Akademikerhaushalten hat, nicht wahr.

„Von einer gewissen Gehaltsstufe an beginnt der Klassenkampf.“ Rühmkorf, 2008

Süddeutsche Zeitung, Seite drei, ein Rührstück über eine bürgerliche Familie in der DDR, beim Querlesen springt immer wieder das Wort „Freiheit“ ins Auge, und natürlich durfte der Sohn nicht studieren. Etwas Schlimmeres kann sich der Bürger gar nicht vorstellen: daß man nicht studieren darf (und fast will man’s bewundern, mit welcher boshaften Akkuratesse das ostdeutsche Kleinbürgerregiment diesen wundesten aller Punkte des Klassenfeindes getroffen hat). Bildung, und sei’s in ihrer neuzeitlichen, aus allerlei Kompetenzmodulen zusammengestoppelten Schwundstufe, gehört, gerade in Deutschland, so fest zum bürgerlichen Selbstverständnis wie das Abgrenzungsbedürfnis nach unten, zu den kleinen Leuten, für die die Realschulen da sind. Daß nicht jeder Esel, nicht jede Trine auf die Universität gehört, ist (aus Erfahrung) wahr; genauso wahr ist, daß im zeitgenössischen Leistungsträgerstaat die Überakademisierung zu beklagen automatisch Heuchelei ist und ein Klasseninteresse bedient, das, indem es den gefährdeten Standort bejammert, das eigene Fleischtopfprivileg meint.




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Briefe an die Leser

 Pfui, Manuel Neuer!

Was lesen wir da auf der Titelseite der Bunten? »Manuel Neuer: Liebes-Urlaub mit Baby auf Mallorca« … Wollen Sie jetzt beziehungstechnisch Lothar Matthäus übertrumpfen?

Anzeige ist raus. Titanic

 Drama, Reinhold Messner!

»Ich stand am Abgrund«, beklagten Sie sich in einem Interview mit der Apotheken-Umschau über den anhaltenden Erbschaftsstreit in Ihrer Familie. Nachdem Sie den vier Kindern bereits vor Ihrem Tod testamentarisch einen Großteil des Messner’schen Vermögens überlassen hätten, sei es nur noch darum gegangen, wer mehr bekommen habe, und daran sei Ihre Familie letztlich zerbrochen. Ach, kommen Sie, Messner! Dass Sie den Mitgliedern Ihres Clans je nach Grad der väterlichen Zuneigung tatsächlich unterschiedlich große Geldbündel zugeworfen und dann dabei zugesehen haben, wie sich Ihr Nachwuchs um die Differenz kloppt, war für Sie alten Adrenalinjunkie doch bestimmt ähnlich vergnüglich wie eine Achttausenderbesteigung!

Sieht das sogar vom Fuße des Bergs der Erkenntnis aus: Titanic

 Ach, Andrea Munkert,

da bezahlt Sie das Nürnberger Stadtmarketing dafür, vom innerstädtischen Elend abzulenken und eine verschnarchte Ecke namens Weinmarkt in himmlische Höhen zu loben – und was tun Sie? Sie schreiben: »Nürnberg – Während in den Einkaufsstraßen in der Innenstadt der Leerstand jault, pulsiert in einem neugestalteten Altstadt-Quartier das pralle Leben. Der Weinmarkt ist erwacht, erblüht – und so ganz anders als der Rest der Altstadt.«

Jaulender Leerstand – wer kennt’s nicht vom Besuch quasi jedweder Innenstadt? Wie ebenfalls üblich schläft der Rest der Altstadt, verwelkt, ja verdorrt gar krachend. Und wenn man genau hinhört, grunzt da nicht auch ein wenig die Aufenthaltsqualität? Aber wenn erst die Mieterhöhung singt und die Immobilienspekulation trommelt, dann ist die Stadt sicherlich wieder hellwach.

Heult still in sich hinein: Titanic

 Kunststück, »Welt«!

Im Interview mit der Rheinischen Post beschwerte sich Sängerin Cyndi Lauper darüber, dass Frauen ständig auf ihr Alter reduziert würden. Aus diesem Statement hast Du, Welt, nicht nur geschafft, einen ganzen Artikel zu stricken, Du hast auch noch äußerst subtil Deinen eigenen Standpunkt zur Causa klargemacht und Laupers Aussage folgendermaßen zusammengefasst: »Popsängerin Cyndi Lauper hält es für sexistisch, Frauen nach ihrem Alter zu fragen: ›Alter ist eine Kategorie, die benutzt wird, um uns kleinzuhalten‹, sagte die 71jährige.«

Wie clever von Dir! Indem Du das Alter genüsslich anmerkst, hast Du es der meckernden alten Frau aber mal so richtig gezeigt! Andererseits: Es nötig zu haben, aus Interviews anderer Zeitungen Artikel zusammenzukloppen – lässt das nicht Dich und Deinen angeblichen journalistischen Anspruch auch ziemlich alt aussehen?

Fragt Dein greises Kollegium von Titanic

 Genau so war es, lieber »Tagesspiegel«!

»Die Trauer um die Mauertoten erinnert uns daran, was es bedeutet, Hoffnung, Mut und letztlich das eigene Leben für ein Leben in Freiheit zu opfern«, mahnst Du am Jahrestag des Mauerbaus. Ja, wer kennt sie nicht, die ganzen Menschen, die die Hoffnung auf ein besseres Leben und den Mut, ihr Leben zu riskieren, längst aufgegeben haben, um dann an der Mauer zu sterben, wiederaufzuerstehen und ein gutes Leben im freien Westen zu führen? Mögen sie und Deine Formulierungsgabe in Frieden ruhen, Tagesspiegel!

Herzliches Beileid schickt Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Fachmann fürs Leben

Im Gegensatz zur Schule hat man im Zivildienst viele nützliche Dinge gelernt. Zum Beispiel, dass man die Körper von Menschen, die sich selbst nicht mehr bewegen können, regelmäßig umlagert, damit keine Seite wund wird. Um anhaltenden Druck auf die Haut zu minimieren, wende ich auch heute noch die Pfirsiche in der Obstschale alle paar Stunden.

Friedrich Krautzberger

 Etwas Heißem auf der Spur

Jedes Mal, wenn ich mir im Hochsommer bei herabgelassenen Rollläden oder aufgespanntem Regenschirm vergegenwärtige, dass das Leben in unseren versiegelten Städten auf entsetzlich wechselhafte Weise öde und klimatisch vollkommen unerträglich geworden ist, frage ich mich unwillkürlich: TUI bono?

Mark-Stefan Tietze

 Schock total

Wenn im Freibad dieser eine sehr alte Rentner, der sich beim Schwimmen kaum fortzubewegen scheint, der bei seinen zeitlupenartigen Zügen lange untertaucht und von dem man dachte, dass er das Becken schon vor langer Zeit verlassen hat, plötzlich direkt vor einem auftaucht.

Leo Riegel

 Meine Mitbewohnerin

legt Dinge, die nicht mehr so ganz intakt sind, in Essig ein. Dabei ist es egal, ob es sich um verkalkte, schmutzige oder verschimmelte Dinge handelt. Ich würde bei ihr den Verbrauch von Salzsäure in den kommenden Jahren intensiv beobachten – gerade falls ihr Partner unerwarteterweise verschwinden sollte.

Fia Meissner

 Hä?

Demenz kennt kein Alter.

Moppel Wehnemann

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

  • 13.04.:

    HR2 Kultur über eine TITANIC-Lesung mit Katinka Buddenkotte im Club Voltaire.

Titanic unterwegs
10.09.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Miriam Wurster
13.09.2024 Stade, Schwedenspeicher Ella Carina Werner
14.09.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Bernd Pfarr: »Knochenzart«
16.09.2024 Wiedensahl, Wilhelm-Busch-Geburtshaus Hilke Raddatz mit Tillmann Prüfer