Humorkritik | Januar 2024
Januar 2024
»Nichts Komischeres produziert der Kapitalismus als jene Menschen und Institutionen, die allen Ernstes ›an ihn glauben‹.«
Georg Seeßlen / Markus Metz, »Blödmaschinen«
Das kickt nicht
Mit »Jojo Rabbit«, einem Film über einen Hitlerjungen und seinen imaginären besten Freund – Adolf Hitler höchstpersönlich –, gelang dem neuseeländischen Regisseur Taika Waititi vor vier Jahren ein tragikomödiantischer Überraschungshit (siehe TITANIC 2/2020). In »Next Goal Wins«, Waititis neuer Komödie, geht es nun um das Fußball-Nationalteam der Inselgruppe Amerikanisch-Samoa, welches 2001 Fußballgeschichte schrieb, als es die höchste Niederlage erlitt, die jemals im internationalen Fußball eingefahren wurde, nämlich 0:31 (gegen Australien). Das Team galt fortan als schlechteste Fußballmannschaft der Welt, wurde aber später durch den niederländischen Trainer Thomas Rongen derart in Form gebracht, dass es, wenn auch nur gegen eine der Nachbarinseln, tatsächlich irgendwann ein Spiel gewinnen konnte.
»Next Goal Wins« basiert auf der gleichnamigen Dokumentation aus dem Jahr 2014; in Waititis Film wird Coach Rongen von Hollywood-Star Michael Fassbender dargestellt, womit die Schwierigkeiten leider schon anfangen. Fassbender, den man landläufig als »Charakterdarsteller« bezeichnen würde, müht sich sehr, den hemdsärmeligen, aber großherzigen Trainer-Haudrauf zu geben. Es gelingt ihm aber fast nie, dessen komische Seite herauszustellen. Wenn der echte Rongen in der 2014er-Doku lustiger ist als der von Fassbender gespielte, dann hat die Komödie ein Problem. Ein weiteres: Regisseur Waititi kann sehr albern sein, was in »Jojo Rabbit« vor dem grässlichen Hintergrund der NS-Herrschaft gut funktioniert hat; in »Next Goal Wins« bekommen die Witzeleien über die Riten der Samoaner einen unangenehm exotisierenden Beigeschmack. Denn warum die Traditionen ausgerechnet dieses Volkes lächerlicher sein sollen als andere, erschließt sich mir nicht.
Amüsiert habe ich mich dennoch manchmal, etwa wenn Rongen am Flughafen in Amerikanisch-Samoa ankommt und von einem Fernsehteam interviewt wird, wobei sich der Kameramann irgendwann als Vorsitzender des samoanischen Fußballverbandes vorstellt, also als Rongens neuer Chef. Auf Samoa hätten, so der Präsident achselzuckend, eben alle mehrere Jobs. Diese Doppelrollen bilden dann einen hübschen kleinen Running Gag. So schlecht wie die samoanische Nationalmannschaft ist der Film also nicht, ein paar Treffer mehr wären trotzdem schön gewesen.