Humorkritik | November 2022
November 2022
»Das ist ja oft das falsch Verstandene an Komödien: Wenn man selbst komisch sein will, wird das nichts. Man muss so ernst wie möglich spielen, ganz nah an der Katastrophe vorbei. Erst daraus entsteht der Witz.«
Uschi Glas
Schöne Literatur
Im Innenleben einer meinungsführenden Literaturzeitschrift kennt sich Charles Simmons aus, jahrelang war er Redakteur der New York Review of Books, deren Pendant hier unter dem Namen »Belles Lettres« firmiert. Seinem gleichnamigen Roman (1987, auf Deutsch bei C.H. Beck erst 2003 erschienen) wird das Etikett »Satire«, das ihm die Literaturkritik aufgepappt hat, nicht gerecht: Viel zu liebevoll geht Simmons mit seinem Personal und seinem Milieu um – und das ist das Schöne an seiner Sammlung komischer Gestalten und ihrer lustigen Streiche, die im richtigen Leben leider selten vorkommen.
Einige Kapitel könnte man durchaus isoliert lesen als Anekdoten, die beweisen, dass selbst diese verkommene Form noch amüsant sein kann, wenn ihr Verfasser nur genügend Stilgefühl mitbringt. Das tut Simmons und erzählt genüsslich von den Bubenstücken seiner Kollegen, die bis zu einer Veröffentlichung angeblich wiederentdeckter Shakespeare-Sonette führt, welche man natürlich gefälscht hat, um einen ungeliebten Chefredakteur loszuwerden. Ob der auch im richtigen Literaturbetrieb zum Fachblatt »Salle de Bain – dem kleinsten Raum im Haus gebührt die größte Aufmerksamkeit« versetzt worden wäre? Schön wär’s doch.