Humorkritik | März 2022

März 2022

»Nie zu lachen ist für mich körperlich extrem anstrengend.«
Hazel Brugger

Vor den Oscars

Als Roberto Benigni noch kein Weltstar war, also wenige Jahre bevor er für sein Meisterwerk »Das Leben ist schön« drei Academy Awards abräumte, war er sich nicht zu schade, eine echte Knallcharge zu spielen: einen Kleinbetrüger, der durch eine eher dämliche Verwechslung von sehr dämlichen Polizisten und einem noch dämlicheren Psychologen für einen Triebtäter gehalten wird, der Frauen umbringt. Das Überraschende daran: »Das Monster« wurde 1994 in Italien zum bis dahin erfolgreichsten Nachkriegsfilm.

Aus heutiger Sicht kaum noch verständlich, handelt es sich doch um eine Revue aus zweideutigen Nummern, die Benigni allerdings mit staunenswertem Einsatz buchstäblich verkörpert. Die Dialoge wirken selbst im Original meist überflüssig, optische Gags gibt es genug, die meisten werden auf kürzestem Wege kunstlos eingeleitet. Der Aufwand hält sich in Grenzen, die Sets sind spartanisch, die Beleuchtung ist gnadenlos hell, der optische Gesamteindruck trist bis trostlos. Dieser Filmerfolg wurde also mit einfachsten Mitteln erreicht. Was er über den Geschmack des italienischen Publikums aussagt – die Parlamentswahlen vom März 1994 brachten einen Mann an die Macht, der sich als Maestro des schlechten Geschmacks profiliert hatte, nämlich Silvio Berlusconi –, darüber kann ich nur spekulieren. Eines weiß ich aber sicher: Hier hängt alles am Autor, Regisseur und Hauptdarsteller Roberto Benigni. Er sieht aus wie Woody Allen, seine infantile Mimik erinnert aber eher an Jerry Lewis, seine Bewegungskomik erreicht in ihren besten Momenten chaplineske Leichtigkeit, und wenn er am Ende über jeden Verdacht erhaben mit seiner neuen Liebe in den Sonnenuntergang watschelt, verzeihe ich ihm diese seine Jugendsünde sehr gern.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann