Humorkritik | März 2022

März 2022

»Nie zu lachen ist für mich körperlich extrem anstrengend.«
Hazel Brugger

Menschenfreundliche Komik

Mit ihren philosophischen Überlegungen zum Lachen sind schon viele gescheitert. Allen voran Platon. Nicht völlig scheiterte der Schriftsteller und Journalist Charles Whibley mit seiner »Philosophy of Laughter: A Study for the Artist« (in: The Magazine of Art, London 1890, S. 28-36).

»Lachen entsteht aus einem Gefühl der Überlegenheit.« Das stammt von Thomas Hobbes, den Whibley richtig zitiert, aber nicht nennt. Einen anderen Humorkritiker, den wiederum ich nicht benennen kann, zitiert er mit den Worten »Die Erniedrigung der Würde ist die Essenz des Komischen.« Obwohl sich beides plausibel anhört, wollen Whibley und viele andere Fachleute bis heute keine dieser Erklärungen akzeptieren. Sie sind ihnen nicht menschenfreundlich genug. Whibley zieht als Quellen des Komischen vielmehr das Unpassende, Unerwartete und Unangemessene vor. In der Natur hingegen komme nichts Lächerliches vor. Und Stinkepflanzen würden nichtreisenden Engländern ohnehin selten begegnen. Überhaupt, was sei an Stinkepflanzen komisch? Da könne man sich eher über Menschen mit Charakterschwächen amüsieren oder über Erwachsene, die sich wie Kinder verhielten – beide unangemessen.

Politisch völlig korrekt urteilt Whibley schon 1890, über körperliche Deformationen könnten nur schlichte Gemüter lachen. Immerhin können sie lachen – und der sich ihnen überlegen fühlende Humorkritiker dann wieder über sie. Whibley fragt sich, ob, da nun alles Lächerliche unangemessen ist, auch alles Unangemessene lächerlich sei. Herbert Spencer meine: nein. Er wolle, anders als Whibley selbst, nur das absteigende Missverhältnis (»descending incongruity«) als Quelle des Komischen gelten lassen. Lachen über Schwächere? Nicht edel, aber für Whibley durchaus möglich.

Ein Mensch, der über Unangemessenes nicht lachen könne, meint Whibley, könne wahrscheinlich auch nicht zwischen richtig und falsch unterscheiden. Auch da hat er wahrscheinlich recht. Und wie verhält man sich angesichts des Todes? Natürlich unangemessen und damit lächerlich. Das steht aber nicht bei Whibley, und deshalb steht es hier.

  

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt