Humorkritik | März 2022
März 2022
»Nie zu lachen ist für mich körperlich extrem anstrengend.«
Hazel Brugger
Ente in Sicht
Dass freilich Unbeholfenheit auch Kunst sein kann, nämlich dann, wenn sie absichtsvoll ist, zeigt und beweist der schlanke »Kriminal«-Roman »Mit einem Fuss draußen« (Voland & Quist, mit Schweizer Doppel-s im Titel). Statt Zeitungsdeutsch gibt es hier Kauzprosa, statt Modethemen einen sozialen Außenseiter, der einen menschlichen Fuß im Parkteich entdeckt und beschließt, als selbsternannter »Kommissär« die dazugehörige Leiche zu finden. Dazu legt er sich mit dem den Park beherrschenden AFS an (die »Anglerfischer Schweiz«) und der »Schmier« (= Polizei), knüpft Kontakte zu einer hilfreichen Ente und einer Bundesrätin, bekommt aber anfangs wenig Dank für seine Ermittlungsbemühungen: »Aber mir sagt ja nie jemand Danke, nie. Niemals kommt einer und sagt, Danke Gerhard, das hast du jetzt aber gut gemacht, Supergerhard, du. Das bin ich. Ich bin Gerhard.«
Schon über den kaum sichtbaren Unterschied zwischen »super, Gerhard« und »Supergerhard« muss ich lachen. Denn happiness is a warm gun, und Komik ist ein sanft verrrutscher Satz: »Dank meiner tüchtigen Hirnaktivität habe ich also durchaus Chancen, denen einen dicken Strich durch die Rechnung zu machen, einen Strich, über den sie stolpern werden und sich verraten«, und manchmal rutscht diese Komik sogar noch ein Stück weiter, Richtung Poesie: »Die Kälte übt schon fleissig für den Winter.« Oder: »Wie wir heute zum Park gehen, ist der Sonnenschein an der Weltdecke und die Vogelkollegen zwitschern gute Laune.« Und dann, abends? »Und dann setzte ich mich neben sie und schaute auf den nächtlichen See hinaus, wobei man ja gar nicht richtig auf den hinausschauen kann, weil er so klein ist.«
Der Berufstitel »Kommissär« gemahnt an Glausers und Dürrenmatts Krimiwerk, die Sprache eher an jene Helge Schneiders. Dass die endgültige Aufklärung des Falls angenehm beiläufig geschieht (ganz am Ende findet sich die »Auflösung des Rätsels auf den Seiten 9-118«), ist ein weiterer schöner Einfall der Autorin Anaïs Meier. Ob sie übrigens auch ihren Namen selbst ausgesonnen hat? »Anaïs Meier« – vorne ein Trema, hinten ein Allerweltsname –, doch, doch, das hat schon wieder was Extrakomisches und, in seinem Zusammenprall des Unverträglichen, Exemplarisches. Exemplarisch zumindest für dieses Buch, und ebenso für das Vorgängerwerk, den Kurzgeschichtenband »Über Berge, Menschen und insbesondere Bergschnecken« (mikrotext), den ich hier gleich mitempfehlen möchte. Auf dass man nie wieder »traurig aus dem Gesicht guckt«.