Humorkritik | April 2022
April 2022
»Der Sommer ist eine Jahreszeit, die nicht der Komik entbehrt.«
Gustave Flaubert
(an Turgenew, 1.6.1874)
Wenn doch bald wieder früher wäre!
Das scheint das Motto zu sein, unter das die oberbayerische Kabarettistin Monika Gruber und der Nürnberger Journalist Andreas Hock ihr Buch »Und erlöse uns von den Blöden« (erschienen bei Piper) gestellt haben. Ob aber jemand zu den Klugen gehört, der wie ein alter Grattler und Grantler nicht nur »die allgemeine Skrupel- und Rücksichtslosigkeit, die Unvernunft und himmelschreiende Blödheit« begreint, sondern ebenso die ausgesucht spezielle, dass einem die Leut’ »bei Aldi jedes Mal mit dem Einkaufswagen mit Vollgas in die Hacken fuhren, um schnellstmöglich ihre Ware aufs Band werfen zu können«? Die jedes Mal mit Vollgas schnellstmöglich hingeworfenen Superlative sprechen genauso dagegen wie die sterbensdummen und hundsreaktionären Seitenhiebe auf »kriminelle Clans«, »Drogendealer«, die »Erschleichung von Sozialleistungen« oder auf diese ganze heutige Zeit, in der »ein String-Bikini bei Frauen nur dann angebracht ist, wenn ein Schmetterlingstattoo die Arschbacken ziert«. Dass die schlimme Jugend viel Schimpfe kriegt, versteht sich, gibt es doch »ein Wort, bei dem ich am liebsten das Ladekabel meiner drahtlosen Tastatur durchbeißen würde: ›Influencer‹. Oder wahlweise auch: ›Blogger‹, ›Vlogger‹, ›Youtuber‹, ›Instagrammer‹ und andere Tätigkeiten, die genauso dämlich sind, wie sie sich anhören.«
Wohingegen dieses Buch sogar noch dämlicher ist, als der Titel es nahelegt. Gegenwartskritik mit Witz und Geist – sehr gern; hier aber erfolgt sie nach einer schlimmen Kabaretttradition so, wie es die angeblich »stets gift- und gallespritzende« Jutta Ditfurth tut: Gift und Galle spritzend. Da kann auch ich nicht anders und seufze, denke ich an Gruber / Hock: Erlöse uns von den beiden!