Humorkritik | Mai 2021
Mai 2021
Doch innerlich lachte das Herz mir!
Marc Aurel
Pfannsinn des Alltags
»Noch 3 Treuepunkte bis zum Pfannen-Set« lautet der Titel eines im Rowohlt-Verlag erschienenen Buches. Zur näheren Einordnung dessen, was einen darin erwarten soll, wurde noch vorsorglich der Untertitel »Kleinstadt-Wahnsinn mit den Ahlmanns« angehängt, und angehängt ist auch das Buch selbst, nämlich an den vielgelikten Instagram-Account »Alman_Memes2.0« von Sina Scherzant und Marius Notter, welcher »typisch deutsche Klischees wie überpünktliches Warten vorm Restaurant, Lärmempfindlichkeit in der Nachbarschaft und schlechte Wortspiele auf die Schippe nimmt« – so jedenfalls der Werbetext. Der Plot: Anette und Achim Ahlmann leben im Städtchen Hildenberg ihrer Verrentung entgegen. Erst Anettes Plan, die nächste Bürgermeisterin zu werden, bringt Unruhe in den Alltag zwischen Bienenstichsonntag und dem Waschen des Opel Zafira. Anettes ebenfalls kandidierender Widersacher Sebastian Wotzke ist dabei so glanzlos böse, dass er, wie ihr einfällt, bereits zu Schulzeiten überteuerte Zuckerschlangen an Mitschüler verkauft hat.
Wer beim Gedanken an ein älteres Ehepaar, das sein Essen in Tupper-Boxen mit sich führt, in Lachen ausbricht, der ist hier genau richtig. Auf alle anderen mag das aus ollsten Klischees zusammengeschraubte Werk zweier Endzwanziger (!) eher ermüdend wirken: Dass etwa Friseure die ungünstige Neigung haben, ihre Salons wortspielerisch zu benennen (im Buch ist es das Haarstudio »Komm hair«), ist seit den späten Neunzigerjahren doch schon so manchem Auge auffällig geworden. Das alles ließe sich möglicherweise auf schlampiges Handwerk schieben; der Ansatz, alles als komisch zu deklarieren, was schlicht alltäglich, wenn nicht ohnehin längst überholt ist, scheint sich aber wohl eher dem Denkfehler des Prinzips »Realsatire« zu verdanken, nach dem man den »Wahnsinn des Alltags« nur mitschreiben müsse. Das wäre dann zumindest Arbeitsverweigerung, denn dass Alltag eben doch eher ermüdende Banalität ist, belegt dieses Buch noch mit dem Titel. Hinzu kommt die ungünstige Dialektik, dass Spießigkeit sich heute vor allem daran zeigt, andere auf Teufel komm raus ihrer Spießigkeit überführen zu wollen. Wenigstens ein bisschen Originalität wäre dabei wünschenswert gewesen. Dann hätte man auch nicht die Witze von vorgestern aus der Tupperbox auftauen müssen.