Humorkritik | August 2021
August 2021
»Möglicherweise ist Kunst am Ende auch nur eine Art Witz.«
Banksy
From Gaza with Love
Romantische Komödien sind nicht mein Spezialgebiet. Spielen sie aber im Gaza-Streifen, sind die Liebenden um die 60 und die Regisseure die jungen Exil-Palästinenser und Zwillingsbrüder Arab und Tarzan Nasser, dann scheint mir das interessant genug, um eine Ausnahme zu machen. Eines vorweg: Der Film »Gaza Mon Amour« ist keineswegs israelfeindlich, er thematisiert in erster Linie die Korruption und die willkürliche Repression der Hamas – wenngleich die israelische Gewalt durchaus nicht ausgespart wird und ganz am Ende gar Warnschüsse fallen, als der Kutter mit den zwei Verliebten versehentlich die Fünf-Kilometer-Meeresgrenze überschippert.
Einer der beiden im Boot ist der Kleinfischer Issa, ein sechzigjähriger Junggeselle, der zu Anfang des Films viel Wert auf seine Unabhängigkeit legt, plötzlich aber genau diese in zweifacher Hinsicht zu verlieren droht. Er verliebt sich nämlich nicht nur in die Schneiderin Siham, sondern fischt eines Nachts auch eine Bronzestatue des Gottes Apollo (mit erigiertem Penis) aus dem Meer, weswegen er es bald mit den Hamas-Behörden zu tun bekommt. Gleichzeitig fühlt er sich von dem griechischen Sexgott zusätzlich motiviert, ein Liebesleben zu beginnen, auch wenn dessen Penis bald abbricht.
Es herrscht eine pessimistische Atmosphäre in diesem Film, die Bilder sind oft dunkel, grau, die Menschen kämpfen mit Stromausfällen, Arbeitslosigkeit, Bombenabwürfen sowie der Repression der Behörden. Gerade diese ist aber der Hauptquell komischer Momente, hat der knorrige Issa doch seinen Spaß daran, seine Bedrücker auf Trab zu halten, auch wenn sie ihn zwischendurch ins Gefängnis sperren. Während er sich etwa in Gesprächen mit einem Freund über die strenge religiöse Moral der Islamisten lustig macht, schaut er im Verhör mit dem sehr selbstbewussten Hamas-Polizisten übertrieben zerknirscht und unterwürfig drein, was diesen ermuntert, die im Film häufig verächtlich gemachte und als gewissermaßen institutionalisiert dargestellte Eitelkeit und Angeberei der Behörden auf die Spitze zu treiben: »Im Namen Gottes des Barmherzigen! Die Polizeikräfte des Flüchtlingslagers Al-Shati haben erfolgreich eine antike Statue beschlagnahmt. Befehlshabender Beamter war … dann mein Name.«
Zugleich nimmt die Liebesgeschichte zwar ihren Lauf, allerdings arg ungelenk und nur als Co-Plot. Issas Annäherungsversuche gehen ins Leere, allerlei Nebenfiguren werden eingeführt, etwa eine herrische Schwester, die ihm ins Liebeswerben pfuscht. Am Ende gibt es noch ein sehr schönes Dreierlachen, das die Lachenden hier nicht nur von der Verdruckstheit, dem Argwohn und der Unsicherheit befreit, sondern durchaus auch als Auslachen des gesamten Gaza-Irrsinns verstanden werden kann. Ich jedenfalls lache da gerne mit.