Humorkritik | August 2021
August 2021
»Möglicherweise ist Kunst am Ende auch nur eine Art Witz.«
Banksy
Der Name der Rose Cuzzle
Thomas Mann, dies wurde mir bei der Wiederlektüre aus Anlass von Bucks Krullfilm noch einmal deutlich, neigte sehr dazu, dem Personal seiner Romane und Erzählungen kuriose bis hochgradig alberne Namen zu geben. Während sich der Dichterfürst bei seinen Hauptgestalten, etwa Tonio Kröger, Hans Castorp und Adrian Leverkühn, erkennbar zügelt, wird er bei der Benennung von Nebenfiguren zum Kalauerkönig: So kommt es, dass uns im »Zauberberg« unter anderem Herr Einhuf, Frau Iltis und eine gewisse Alfreda Schildknecht begegnen, im »Doktor Faustus« Meta Nackedey, Rosa Zwitscher, Frau Luder und die exotische Morphinistin Natalia Knöterich. Und im »Krull« schließlich haben Leutnant Übel, der Schauspieler Müller-Rosé, Madame Houpflé sowie – Kuckuck! – die mächtig jubelnde Maria-Pia Kuckuck-la Cruz ihren Auftritt.
Wem von so viel Namensulk der Kopf dröhnt, der sollte eventuell einen Doktor rufen. Er hat die Wahl zwischen Dr. Blumenkohl (»Zauberberg«), Dr. Mantelsack (»Buddenbrooks«), Dr. Marotzke (ebenfalls »Buddenbrooks«) und Dr. Raoul Überbein (»Königliche Hoheit«). Oder er relativiert, was ich bis jetzt gesagt habe, indem er sich von Professor Martini ein Gläschen einschenken lässt. Dieser nämlich, der Philologe Fritz Martini, ist gar keine literarische Figur, sondern ein Beleg für meine These, dass Thomas Manns Werk auf sein Leben ausgestrahlt hat: Selbst dort wimmelt es von Menschen wie dem Schulkameraden Korfiz Holm; dem Schriftsteller Björn Björnson und seinem Vater Björnstjerne Björnson; der Leserin Luise Pagenstecher (die sich als Hund Jack an ihn wendet); einer Germanistin namens Leser; dem Bochumer Theaterintendanten Saladin Schmitt; dem Verlagsleiter und also Kopfmenschen Direktor Köpfli; der Schriftstellerin Irmgard Beidl-Perfahl; dem Bildhauer und Graphiker Marino Marini; einem Herrn Hans-Hermann Flügel, der Familie Mann im Dezember 1949 mit Lametta beschenkt; sowie Fräulein Bommerstein, die den berühmten Schriftsteller im selben Jahr mit freundlichen Ausführungen über einen gewissen Hauer versorgt.
Der erstaunlichste Name im Mannschen Œuvre ist für mich freilich der von Justus Jonas. Was es mit diesem Mann-Mann auf sich hat, das dürfen Sie nun aber selbst recherchieren. Wie ein junger Privatdetektiv.